Rezension

Roadtrip durch die Provinz

Tschick - Wolfgang Herrndorf

Tschick
von Wolfgang Herrndorf

Bewertet mit 5 Sternen

An dieses Buch bin ich gekommen, weil es mein Sohn gerade im Deutschunterricht liest. Während es von ihm schon deshalb als nur lästige Lektüre angesehen wird, bin ich begeistert und kann dieses Jugendbuch jedem Erwachsenen ans Herz legen.

 

Doch worum geht es? Der 14jährige Maik Klingenberg aus dem Osten Berlins stammt aus gutbürgerlichen Verhältnissen, wird aber von seinen Eltern vernachlässigt. Die Mutter ist Alkoholikerin, der Vater hat eine junge Geliebte. In der Schule ist er ein Außenseiter, hält sich selbst für den größten Langweiler und Feigling. Dann kommt ein Neuer in seine Klasse - der Russlanddeutsche Andrej Tschiatschow, der Einfachheit halber Tschick genannt. Er ist hochbegabt, aber asozial, ebenfalls Einzelgänger. Er sucht Maiks Freundschaft. Zu Beginn der Sommerferien taucht er bei dem von seinen Eltern allein gelassenen Maik auf. Beide machen sich mit einem gestohlenen Lada und natürlich ohne Führerschein auf in die Walachei, um dort Tschicks Großvater zu besuchen. Ihre Reise führt sie durch Ostdeutschland und beschert ihnen manches Abenteuer und manche Begegnung mit sonderbaren Menschen. Immer schwebt die Angst über ihnen, als Kinder erkannt und von der Polizei aufgegriffen zu werden.

 

Schon sprachlich besticht das Buch durch Lebensnähe. Junge Leser werden in den oft humorvollen Dialogen der Protagonisten die von ihnen selbst gesprochene Sprache wiederentdecken. So wimmelt es von Ausdrücken wie „Schwachkopf“, „Fotze“, „Scheißdreck“, „Ficken“, „endbescheuert“ u.v.a.m. Ferner können sie sich gut mit den Protagonisten identifizieren. Denn wie jugendtypisch ist, verfügen sie oftmals nur über Halbwissen. So weiß Maik etwa nicht, „ob Rechtsanwalt dasselbe ist wie Anwalt. Oder Staatsanwalt. So was Ähnliches wie ein Richter, …, nur dass er auf (seiner) Seite steht“ (S. 10) oder dass die Walachei tatsächlich eine Landschaft in Rumänien ist und nicht nur ein Wort wie „Jottwehdeh“.

Das Lesen wird dadurch erleichtert, dass der Roman in viele kurze Kapitel unterteilt ist, die einzelne Szenen wiedergeben.

Der Roman ist von Anbeginn an spannend, beginnt er doch kurze Zeit vor dem Ende der abenteuerlichen und verrückten Reise, als sich Maik im Krankenhaus befindet und man neugierig ist zu erfahren, was passiert ist. Allerdings ist hierbei etwas Geduld angeraten. Denn zunächst schildert der Ich-Erzähler Maik von seinem Alltagsleben in der Schule und zu Hause, um dann erst allmählich auf das Auftauchen Tschicks und den Beginn ihrer Freundschaft zurückzublenden.

Thematisch geht es in dem Buch im Wesentlichen um Einsamkeit, Außenseitertum, Freundschaft, erste Liebe.

 

Ein tolles Buch.