Rezension

Sehr bildhaft und unterhaltsam, dabei nicht seicht

Mühlensommer -

Mühlensommer
von Martina Bogdahn

Kindheit auf dem Land - Leben auf dem Bauernhof - Landleben abseits jeder Romantik - Landleben realistisch - als erste in der Familie aufs Gymnasium - modernes Landleben - Familienzusammenhalt - Brot backen - Mühlenbach - Sommer auf dem Land - Hopfenernte - Kühe & Schweine auf dem Bauernhof

          Maria hat es als einzige aus ihrer Familie geschafft, Abitur zu machen und in die Stadt zu ziehen. Sie leitet eine Werbeagentur, hat zwei Teenagertöchter und eigentlich ist alles etwas stressig - aber gut. Als sie gerade zu einem verlängerten Wochenende in den Bergen unterwegs ist, bekommt sie einen Anruf von Zuhause: Der Vater ist im Krankenhaus und die Mutter schafft es alleine nicht mit Kühen, Schweinen und der dementen Großmutter. Also muss Maria ran. Und während sie die nächsten Tage auf dem Bauernhof arbeitet, kommen viele Erinnerungen hoch an ihre Kindheit, an die schwere Arbeit, an das recht karge Leben, das Nie-in-den-Urlaub-fahren, die Vorurteile gegenüber Bauernkinder aber auch an sonnige Tage am Mühlenbach und an den familiären Zusammenhalt. Alte Konflikte kommen ans Licht und Maria fühlt sich hin- und hergerissen. 
Die Autorin beschreibt hier warmherzig und humorvoll und ohne Kitsch in Form von Anekdoten sehr realistische Szenen aus dem Landleben, weitab von aller Biomarkt-Romantik aus den Städten. Es wird deutlich, wie sehr Maria kämpfen und sich durchsetzen musste, um ihren eigenen Weg zu gehen. Dabei hat ihre Familie sie zwar teilweise unterstützt, andererseits konnten auch sie nicht aus ihrer Haut und sehen und sahen in Maria diejenige, die sich "aus dem Staub" machte und "etwas Besseres sein" will.

Ich habe den Roman sehr gerne gelesen. Die Schilderungen des Lebens im Jetzt und Früher, der Wunsch von Maria nach mehr Bildung, ihre Enttäuschungen, wenn sie nie mithalten konnte und ihren Wunsch danach, einmal in Urlaub zu fahren, konnte ich sehr gut nachvollziehen. 
Allerdings fehlte mir zum Schluss etwas, vielleicht eine konkrete Entscheidung, vielleicht eine Aussicht, wie es weitergeht (auch mit diesem sehr attraktiven Mann...). Und im Endeffekt fehlte mir auch ein wenig mehr an Information über Maria, über die Beziehung zum Vater ihrer Kinder, über ihre Herausforderungen als Alleinerziehende.... aber insgesamt eine sehr empfehlenswerte, atmosphärische Lektüre. Und obwohl ich nicht von einem Bauernhof komme, sondern nur aus einem kleinen Dorf, wurde mir persönlich wieder bewusst, wie gut ich doch in die Stadt passe. So idyllisch es auch zwischendurch auf dem Land ist. Irgendwann ist es gut und ich muss wieder in die Stadt.