Rezension

sehr gelungene Fortsetzung

Die Bahnhofsmission -

Die Bahnhofsmission
von Veronika Rusch

Bewertet mit 5 Sternen

Der Krieg ist vorbei. Damit werden die Sorgen der Menschen aber nicht kleiner. Im Gegenteil, überall Ruinen und Hunger ein steter Begleiter. Die Straßen ein Trümmermeer, kaum wiederzuerkennen. In dieser Zeit beweist Alice wieder einmal, dass sie ein großes Herz hat, für die Armen ohne Wohnung, für die Flüchtlinge aus dem Osten, die keine Heimat mehr haben und nicht zu vergessen für die zerschundenen, traumatisierten Heimkehrer. Was liegt da näher, als wieder eine Bahnhofsmission am Schlesischen Bahnhof einzurichten.
Überraschend findet sie Unterstützung von alten Bekannten und überraschender Weise auch vom russischen Oberst Wolkow. Es ist wie ein Wiedersehen mit alten Bekannten, wenn man sich die Personen aus dem ersten Teil wieder vor Augen führt. Hauptfigur ist Alice, die sich unerschrocken für die Bedürfnisse der anderen einsetzt. Wenn auch mit primitiven Mitteln und eher provisorisch versorgen die Frauen mit ihren bescheidenen Gaben. Aber es ist die Geste, die diesen Menschen nach so vielen Tagen, Monaten ohne Heimat, guttut. Ich fand es wieder sehr ans Herz gehend, wie die Autorin beschreibt, welchem Elend sich diese Frauen entgegenstellen und dabei bis an ihre Grenzen gehen.
Völlig ohne Ankündigung steht auch Natalie, die 1908 ohne Ankündigung einfach spurlos verschwand mit ihrer erwachsenen Tochter auf dem Schlesischen Bahnhof. Wenn auch teuer gekleidet, krempelt sie die Ärmel hoch, als wären seit ihrem Weggang nicht 38 Jahre vergangen. Doch Natalie will nicht nur helfen, sie will mit ihrer Vergangenheit abrechnen, eine Vergangenheit der sie sich damals mittels Flucht und wegen der Bedrohung ihres Lebens niemals gestellt hat. Gerade diese Aufarbeitung und die notwendige Aussprache mit ihrer Tochter Clair sind sehr hart für beide, doch längst schon überfällig. Ja, es ist eine rundum gelungene Fortsetzung. Von mir gibt’s 5 Lese-Sterne.