Rezension

Sehr unterhaltsam und humorvoll, dabei Charaktere mit Ecken und Kanten

Digby #01 - Stephanie Tromly

Digby #01
von Stephanie Tromly

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt:

Nach der Scheidung ihrer Eltern muss Zoe mit ihrer Mutter in eine Kleinstadt ziehen. Aber Zoe plant sowieso, wieder zu ihrem Vater zu ziehen und auf eine Privatschule zu gehen. Doch dann trifft sie auf Digby und dieser stellt ihr Leben komplett auf den Kopf. Er geht dem Fall eines verschwundenen Mädchens nach und zieht Zoe fast unmerklich da mit rein. Denn irgendwie kommt sie immer mit, auch wenn man bei ihm auf alles gefasst sein muss. Und so landet sie nicht nur auf dem Polizeirevier ...

Meine Meinung:

Hatte ich infolge des Klappentextes (der im Übrigen ziemlich spoilert) noch gedacht, Zoe wäre eines dieser unschuldigen, braven Mädchen, die infolge einer Anziehung zu einem Jungen diesem hinterherlaufen, wurde ich schon auf den ersten Seiten eines besseren belehrt, denn Zoe ist alles andere als sein Fangirl. Genaugenommen weist sie ihn des Öfteren zurecht und hinterfragt grundsätzlich seine Pläne. Nur, um dann doch mitzukommen. Aber dazu später.
Zudem ist sie definitiv nicht das Sinnbild eines Good Girls. Gleich den ersten Schultag schwänzt sie, sie manipuliert durch ihren Vater, um unbedingt an die Privatschule zu kommen und obwohl sie nichts machen will, was ihre reine Akte gefährden könnte, neigt sie doch nicht zu Skrupeln.
Doch dahinter verbirgt sich eigentlich doch nur ein ganz normales sechzehnjähriges Mädchen mit Schwächen, auch wenn sie sehr selbstbewusst ist und erfrischend wenig auf Sachen wie Zickenkrieg, High School Ranking etc. gibt, diese sogar ironisch kommentiert. Letztendlich verfügt sie über Ecken und Kanten und ist ein sehr authentischer Charakter.

Darüber hinaus ist sie schnippisch, schlagfertig und zynisch, sie erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive und es schwingt immer ein leichter Sarkasmus mit.
Generell lässt sich das Buch flüssig lesen und mit zunehmender Seitenzahl steigt auch die Spannung. Wirklich langweilig wird es sowieso nie, das liegt an Digby. Zudem ist das Buch unvorhersehbar und überrascht den Leser immer wieder mit unerwarteten Enthüllungen und Wendungen. Denn auch wenn die Idee an sich nicht unbedingt neu ist, wird sie auf überraschende Weise umgesetzt.

Nicht nur Zoe ist von Digby fasziniert, ich bin es auch. Das liegt daran, dass er einfach ein außergewöhnlicher Charakter ist, der mir so oder so ähnlich noch nie begegnet ist. Zudem ist er unheimlich vielschichtig und besitzt ebenfalls Ecken und Kanten.
Digby ist unheimlich direkt und analysiert grundsätzlich alles, weshalb ihm auch ganz im Sherlock-Stil so gut wie alles auffällt. Seine bemerkenswerte Beobachtungsgabe sorgt dafür, dass er viele Zusammenhänge schnell und vor dem Durchschnittsmenschen erkennt. Apropos Durchschnittsmensch: Er ist prinzipiell der Einzelgänger, von dem alle fasziniert sind.
Über Privatsphäre setzt er sich gern mal hinweg und auch sonst kratzt er manchmal stark an der Grenze zur Dreistigkeit. Auf der anderen Seite sorgt seine unglaubliche Logik, seine lockere Art und die Schlagabtausche mit Zoe dafür, dass man ihn einfach mögen muss. Und seine hohe Auffassungsgabe zeichnet sich auch darin aus, dass er problemlos Informationen mit Wissen bezahlen kann.
Doch auch bei ihm schimmert hinter seiner unheimlich selbstbewussten, scheinbar unzerstörbaren Haltung sowas wie Verletzlichkeit durch, die zwar nie groß ausgearbeitet wird, ihm aber dennoch Tiefgründigkeit verleiht. Dabei bleibt er grundsätzlich unnahbar und auch für den Leser nie ganz greifbar, da er einfach nicht durchschaubar ist.

Die Nebencharaktere entsprechen teilweise typischen amerikanischen Klischees, die dann aber dadurch aufgelöst werden, dass sich dahinter dann doch nur normale Menschen mit Ecken und Kanten befinden. Unfehlbar ist bei Stephanie Tromlys Werk niemand, jeder ist in gewisser Weise vielschichtig.
Eine Liebesgeschichte spielt sich maximal im Hintergrund ab, was ebenfalls eine angenehme Abwechslung war.

Das ganze Buch ist manchmal wie Comedy, allerdings nicht die Art, bei der Gags auf Gags kommen, es ist eher ein unterschwelliger, schräger Humor, der mich unglaublich unterhalten hat. Das liegt einerseits an Digbys direkten Verhaltensweise und seiner Art, bei der es so wirkt, als hätte er nie einen Plan und womit die ein oder andere brenzlige Situation entsteht.
Auch die Ermittlung ist unterhaltsam, sowie die Schlagabtausche zwischen Digby und Zoe. Generell zeichnet sich das Buch durch einen hohen Unterhaltungswert aus.
Die Handlung ist in sich abgeschlossen, weshalb das Buch auch als Einzelband gelesen werden kann, dennoch plant die Autorin eine Fortsetzung, auf die ich mich schon sehr freue.

Fazit: Sehr unterhaltsam, aufgrund eines unterschwelligen, schrägen Humors und Schlagabtauschen, außergewöhnlicher, faszinierender Protagonist, generell vielschichtige, lebensnahe Charaktere mit Ecken und Kanten!