Rezension

Überraschend viele Verstrickungen. Stärke und Schwäche des Romans zugleich.

Die stille Kammer - Jenny Blackhurst

Die stille Kammer
von Jenny Blackhurst

Susan Webster wurde für den Mord an ihrem Baby verurteilt. Nach ihrer Entlassung aus der Forensischen Psychiatrie beginnt sie einen Neustart. Doch schon bald taucht ein Foto auf, das ein etwa 4 Jahre altes Kind zeigt. Auf der Rückseite steht der Name ihres Sohnes. Ist das Kind auf dem Bild tatsächlich ihr Dylan?

Die Geschichte lässt lückenlos Susan Websters Anstrengungen mitverfolgen, aufzuklären, was es mit dem Foto und anderen Vorfällen auf sich hat. Recht regelmäßig wird der Handlungsstrang unterbrochen und es werden vergangene Ereignisse beschrieben, die erst im weiteren Verlauf mit den Handlungen der Gegenwart ein gemeinsames Bild ergeben. Herrlich zum Miträsteln und Verdächtigen.

Die Spannung bleibt durchweg bestehen. Durch die Ich-Erzählung fühlt man sich Susan sehr nah und hegt für sie schnell die Hoffnung, dass ihr Kind noch lebt. Ist dies aber angebracht oder hat Susan doch den Tod ihres Kindes verursacht?

Das Hinterfragen wird oft dem Leser überlassen, was Susan und auch ein paar Nebencharaktere naiv wirken lässt bzw. ihr Verhalten nicht immer vollständig nachvollziehbar macht. Manchmal fallen einzelne Personen auch aus ihren Verhaltensmustern, weshalb die Gesamtgeschichte letztendlich nicht ganz „rund“ daherkommt.

„Die stille Kammer“ von Jenny Blackhurst leidet unter der deutschen Titelwahl. Zum Original „How I lost you“ lässt sich deutlich einfacher ein Bezug zum erzählten Text herstellen. Das Cover steht in keiner Verbindung zum Inhalt. Fast so, als wäre es für einen anderen Roman gefertigt worden.

Ein ungeahnt hohes Ausmaß an Verstrickungen zeichnet den Roman aus. Dies ist nicht nur Stärke, sondern gleichzeitig auch Schwäche in puncto Glaubwürdigkeit. Unschön finde ich persönlich die Art der bewusst falsch gelegten Spuren: Unter dem Deckmantel, die Autorin wolle dem Leser einen Wissensvorsprung verschaffen, werden absichtlich trügerische Zusammenhänge erzeugt. Dieses Aufwands hätte es meiner Meinung nach schlichtweg nicht bedurft.

Die Autorin Jenny Blackhurst scheint mit der Beendigung erhebliche Mühe gehabt zu haben (interpretiert aus den Danksagungen). Mit dem Roman muss sie sich aber nicht verstecken. Es ist ein ordentlicher Thriller dabei herausgekommen, der zwar seine kleinen Mankos hat, sich alles in Allem aber sehr gut lesen lässt.