Rezension

Vier ewig lange Monologe.

Kintsugi - Miku Sophie Kühmel

Kintsugi
von Miku Sophie Kühmel

Bewertet mit 2 Sternen

Wie soll sich eine junge Frau auch in ein älteres schwules Paar einfühlen können? Das ganze Buch wirkt auf mich sehr gekünstelt. Da will sich jemand profilieren. Gerne. Aber ich mag es dann eben nicht.

Ein Wochenendhaus in der Uckermark an einem See. Ein schwules Paar in mittleren Jahren, ein Künstler und ein Uniprofessor. Mit dabei: Die Jugendliebe des Künstlers, ein enger Freund des Paares, alleinerziehender Vater mit erwachsener Tochter. Zusammen bildeten sie über lange Jahre eine Art Lebensgemeinschaft.

Die Autorin zelebriert die Beziehungen dieser Menschen untereinander in vier langwierigen, inneren Monologen. Dabei wird ersichtlich, dass keiner den anderen gegenüber wirklich offen ist.

Die Idee von „Kintsugi“, nämlich etwas kitten, was eigentlich zerbochen ist, damit etwas anderes entsteht, was sogar noch kostbarer ist als vorher, erscheint anziehend und reizvoll. Mit den Kapitelüberschriften (zum Beispiel wabi, kire, iki = die Verführung roher Feinheit im Angesicht des Todes ) wird der Leser (zu) subtil in diese Richtung gewiesen.

Die Kritik:
Die Monologe, die unter anderem auch das Wesen der drei Männer und der jungen Frau verdeutlichen sollen, haben mich nicht überzeugt. Auch wenn sie die Vergangenheit der Personen mit beleuchteten, bleiben sie hölzern und uninteressant.

Die zu entwickelnden Figuren, der ordungsfanatische Archäologe Max, der impulsive, manisch-depressive Künstler Reik oder Tonio, der ganz in seiner Vaterrolle aufgehende Dritte im Bunde, – sie alle kommen dem Leser zusammengesetzt vor, sie sind teils in Klischees verhaftet, teils psychologisch unstimmig, sie werden nicht lebendig.

Die Autorin verwendet einige Anstrengung darauf, die homosexuellen Beziehungen glaubhaft darzustellen, aber Sex ist nicht alles, was man dazu braucht. Es fehlen Dynamik und auch die Kraft, die in derartigen Beziehungen stecken, die Energie, eine Zärtlichkeit, die manchmal an Gewalttätigkeit grenzt. Auch Pega, die die Rolle der Tochter spielt, wirkt einstudiert und theatralisch.

Fazit: Es ist sicher Geschmacksache, aber mir sind die langen Monologe und die Handlungsarmut dieses statisch bleibenden Romans zu wenig, um ihn zu mögen.

Kategorie: Anspruchsvoller Roman
Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2019
Verlag: S. Fischer, 2019