Rezension

Voller Leidenschaft - aber leider auch einiger Logiklücken

Dance of Shadows - Yelena Black

Dance of Shadows
von Yelena Black

*Worum geht's?*
Vanessa hat es geschafft: Die New Yorker Ballettakademie, die beste Ballettschule des Landes, hat sie aufgenommen. Zusammen mit 19 weiteren talentierten Tänzerinnen und Tänzern wird sie darum kämpfen, an der Akademie zu bestehen und ihre Karriere als Primaballerina voranzutreiben. Doch im Gegensatz zu allen anderen Schülern hegt Vanessa gar nicht den Traum einer großen Tanzkarriere. Sie ist aus einem ganz anderen Grund an die New Yorker Ballettakademie gekommen: Sie will herausfinden, was mit ihrer Schwester Margaret geschehen ist, die vor drei Jahren angeblich von der Schule weggelaufen und seitdem spurlos verschwunden ist. Zusammen mit ihren neu gewonnenen Freunden macht sich Vanessa auf die Suche nach Hinweisen; ohne auch nur im geringsten zu erahnen, in welche Gefahr sie sich damit begibt. Als sie die Hauptrolle in jenem Stück bekommt, vor dem auch ihre Schwester geflohen sein soll, beginnt Vanessa zu verstehen. Denn immer, wenn sie tanzt, versucht eine dämonische, böse Macht von ihr Besitz zu ergreifen...

*Kaufgrund:*
"Dance of Shadows" ist mir augenblicklich aufgefallen, als ich die Verlagsvorschau des neuen Imprints "bloomoon" durchstöberte. Nicht nur das wunderschöne Cover, auch der vielversprechende Klappentext machten mich neugierig und setzten den Roman ganz weit oben auf meine Wunschliste.

*Meine Meinung:*
"Dance of Shadows", der Serienauftakt von Yelena Black, ist ein Buch, das mit einer innovativen Idee neugierig auf sich macht. Die Autorin webt in ihrem Jugendbuch zwar typische paranormale Wesen ein, in diesem Fall Dämonen, aber sie macht es auf eine völlig neue Weise, die ich so noch nirgendwo gelesen habe. Sie verbindet die düstere und dunkle Magie mit dem reinen klassischen Tanz, dem Ballett, und kombiniert damit zwei Welten, die kaum unterschiedlicher sein könnten und doch so viel miteinander gemeinsam haben. Bereits der spannungsgeladene Prolog verspricht eine aufregende Geschichte und spätestens nach Vanessas ersten Tagen an der Akademie, an denen Blut vergossen wird, ist man als Leser ganz im Bann des Romans. Man möchte um jeden Preis wissen, was hinter den merkwürdigen Ereignissen steckt, und wie es mit Vanessa weitergeht. Was ist tatsächlich mit ihrer Schwester Margaret passiert? Und was ist es, das versucht, die Kontrolle über die junge Primaballerina zu gewinnen?

Die Geschichte konzentriert sich in erster Linie auf das Ballett und die schwierigen und anstrengenden Proben, an denen die Schüler der New Yorker Ballettakademie teilnehmen müssen, um die Aufführung am Ende des Jahres tadellos darbieten zu können. Vanessas Tagesablauf besteht quasi nur noch aus Proben und Übungsstunden - kein Wunder also, dass die Autorin die Tanzszenen häufig wiederholt und zum Hauptbestandteil ihrer Geschichte gemacht hat. Mich hat das Ballett fasziniert und ich habe jede einzelne Szene begeistert verschlungen. Wer dem klassischen Tanz jedoch nichts abgewinnen kann und erwartet hat, dass er nur eine nebensächliche Rolle im Geschehen einnehmen wird, dem werden die vielen Proben möglicherweise langatmig erscheinen.

Der magische Handlungsstrang der Geschichte webt sich erst relativ spät in das Hauptgeschehen des Romans ein. Zwar spürt Vanessa bereits zu Beginn die seltsamen Kräfte, die sich ihrer zu bemächtigen versuchen, während sie tanzt, doch sie spielen eher eine kleinere Rolle. Je näher die letzten Seiten rücken, desto stärker tritt die Magie jedoch in den Vordergrund und holt einiges nach, was Fantasy-Fans bis dahin vermisst haben könnten.

Leider hat die Handlung doch einige enttäuschende Logiklücken, die selbst die expressive Tanzleidenschaft nicht überdecken kann. Einige Mal gerät man ins Stocken, wenn Vanessa auf einen neuen Hinweis stößt. Wie kann es sein, dass Mädchen an einer renommierten Akademie verschwinden und weder die Polizei noch Familie oder Freude ernsthafte Unternehmungen in die Wege leiten? Wie kann es sein, dass bei Nachforschungen selbst die offensichtlichsten Dinge nicht genauer unter die Lupe genommen wurden? Diese und einige ähnliche Fragen stören das sonst so schöne Gesamtbild des Romans, denn so gut mir die Magie des Tanzes so gut gefallen hat: Über eine oberflächliche und nicht klug durchdachte Handlung kann auch sie nicht gänzlich hinwegtrösten!

Mit dem Epilog ist auch die Handlung des Romans im Großen und Ganzen abgeschlossen. Trotzdem bleiben einige essentielle und zentrale Fragen unbeantwortet, die eindeutig auf eine Fortsetzung schließen lassen. Wie viele Bände die "Dance of Shadows"-Serie haben wird, steht meines Wissens noch nicht fest, aber Yelena Black hat sich noch genügend Stoff übrig gelassen, um die Geschichte um Vanessa noch ein paar Seiten weiterzuschreiben. Auch ein Erscheinungstermin des zweiten Bandes ist noch nicht bekannt.

Vanessa ist eine Protagonistin, mit der man sich sehr schnell identifizieren kann. Sie ist ein liebenswertes Mädchen, dass trotz ihrer jungen 15 Jahre bereits wie eine junge Frau handelt. Sie ist ein wenig naiv und leichtgläubig - typischerweise verliebt sie sich sofort in den attraktivsten Jungen der Akademie verliebt -, aber vor allem sympathisch, aufrichtig und diszipliniert. Als Balletttänzerin weiß sie genau, wie wichtig eine strenge Selbstbeherrschung ist, und daran wird sie auch immer wieder erinnert. Schließlich darf sie ihre Aufgabe, die Suche nach ihrer Schwester, niemals aus den Augen verlieren - ganz egal, was kommen mag. Vanessa ist eine authentische Protagonistin, die man sehr gern auf ihrem Abenteuer begleitet; auch, wenn man sie einige Male gerne schneller in die richtige Richtung des großen Geheimnisses schubsen würde.

Auch Vanessas Freunde wachsen einem schnell ans Herz. Steffie, Blaine, TJ und Elly sind ebenso herzallerliebst wie die Protagonistin selbst und stellen genau solche Freunde dar, wie man sie sich selbst nur wünschen könnte. Leider bleiben sie im Verlauf der Handlung recht blass und durchschnittlich. Viele weitere Nebenfiguren bleiben ebenso oberflächlich wie Vanessas Freunde. Bei ihnen ist es allerdings nicht so störend, denn die Autorin holt in ihrem aufregenden Finale noch einiges auf ihren Charakteren heraus und verspricht damit, in den Folgeteilen näher auf sie und ihre Hintergrundgeschichten einzugehen.

Was mich während des Lesens ein wenig gestört hat, war die Tatsache, dass die Autorin viele fachspezifische Begriffe erwähnt, sie aber nicht genauer erläutert. Als Ballett-Laie konnte ich mir nicht genau vorstellen, wie Vanessa tanzt, wenn sie eine "arabesque" vollführte oder sich ins "relevé" erhob. Besonders zu Beginn des Romans habe ich deshalb oft das Buch beiseite gelegt, wenn eine Ballettfigur erwähnte wurde, und sie erst einmal im Internet recherchiert. Sobald ich aber mit den verschiedenen Ausdrücken eine Bewegung verbinden konnte, sorgten die Tanzszenen für eine unglaubliche und beeindruckende Atmosphäre, die einen völlig in ihren Bann zogen.

Yelena Black hat einen tollen und angenehmen Schreibstil, der einen bereits nach wenigen Sätzen mitreißt und zum Weiterlesen animiert. Die Autorin schreibt mit einer überwältigenden Ausdrucksstärke und man spürt ihre Leidenschaft für das Tanzen und die Magie in jedem einzelnen Wort. Der Auftakt der "Dance of Shadows"-Reihe ist gespickt mit authentischen und zugleich bezaubernden Szenen, die für ein aufregendes Kopfkino sorgen. Als Leser fühlt man sich beinahe, als säße man selbst im Lincoln Center und würde das Ballett der Geschichte mit eigenen Augen genießen dürfen.

*Cover:*
Das Cover ist einfach grandios! Die wabernden Schatten im Hintergrund, die hingebungsvolle Balletttänzerin und die Blüten, die sich von ihrem Kleid lösen, sehen schlichtweg umwerfend aus und fangen die Atmosphäre des Romans großartig ein. Übrigens: Unter dem Schutzumschlag sind ebenfalls die Schatten im Hintergrund sowie die fallenden Blütenblätter zu sehen. "Dance of Shadows" ist also in jeglicher Hinsicht ein echter Eyecatcher!

*Fazit:*
"Dance of Shadows" von Yelena Black ist ein Serienauftakt, der mit seiner innovativen Idee, das Ballett mit dunkler Magie zu verbinden, zu gefallen weiß. Leider reicht die oberflächliche Umsetzung der Geschichte nicht an die großartige Grundidee heran. Einige Ungereimtheiten lassen einen während des Lesens ins Stutzen geraten und stören das Gesamtbild enorm. Fans des klassischen Tanzes kommen hier jedoch vollkommen auf ihre Kosten, denn Yelena Black beschreibt die atmosphärischen Tanzszenen mit starken Emotionen und erzeugt mit ihren Worten ein Kopfkino vom Feinsten. Für "Dance of Shadows", einen ausbaufähigen Serienauftakt, vergebe ich drei Sterne.