Rezension

Vom Aufwachen aus dem Koma.

Wir von der anderen Seite - Anika Decker

Wir von der anderen Seite
von Anika Decker

Bewertet mit 3 Sternen

Leider traut sich die Autorin nicht, beim Thema Komapatienten zu bleiben. Dabei hat sie so gut angefangen!

Ein vielversprechender Beginn. Am Anfang flasht mich dieser Roman regelrecht. Denn Rahel, die Protagonistin und Ich-Erzählerin liegt im Krankenhaus, gerade aus dem Koma erwacht und weiß nicht, was los ist.

Wie weder Eltern noch Bruder, Verlobter noch Freunde am Krankenbett von Rahel mit der Sprache herauswollen, nämlich dass es Spitz auf Knopf steht und keineswegs verlässlich zugesagt werden kann, dass Rahel überleben wird, und wie Rahel völlig orientierungslos aufwacht, das geht unter die Haut.

Im folgenden wird Rahels Kampf zurück ins Leben beschrieben. Was war wirklich mit ihrer Beziehung los und warum liegt sie überhaupt hier, diese Romanteile waren nicht mehr ganz so hinreißend, immer noch eindrücklich und gut, aber sie hatten nichts mehr mit dem Titel zu tun. Rahel trifft sich nämlich keineswegs mit anderen Komapatienten, anderen Überlebenden, welches „wir“ ist also gemeint? Und über den Tod oder das Sterben denkt sie auch nicht nach. Erstaunlich eigentlich.

Anika Deckers ist im Mediengeschäft keine Unbekannte. Sie schrieb das Drehbuch zu dem Film "Keinohrhasen" (don‘t like) und andere Skripte, „Wir von der anderen Seite“ ist ihr erster Roman und dürfte sich perfekt für eine Verfilmung eignen. Mir fehlte nach dem fulminaten Start die Auseinandersetzung mit innerer Welt und Tod; sobald die Protagonistin „nur noch“ Beziehungarbeit leistet, verliert sie mich.

Fazit: Beinahe ein Highlight. Aber dann doch nicht. Immer noch guter Unterhaltungsroman.

Kategorie: Gute Unterhaltung 4 Sterne. Belletristik: nur 3 Sterne.
Ullstein, 2019