Rezension

Welch ein unpassender deutscher Buchtitel für ein so tolles Buch über verschiedene Charaktere

Das zerstörte Leben des Wes Trench - Tom Cooper

Das zerstörte Leben des Wes Trench
von Tom Cooper

Inhalt: Ein Sumpfgebiet in den 80er Jahren, nachdem Hurrican Katrina zugeschlagen hat, und es eine Ölpest gab. Die Menschen in der Barrataria haben viel mitgemacht. Die meisten sind Fischer und leben vom Shrimp-und Fischfang. Doch das Wasser ist verseucht und die Fänge bleiben immer mehr aus. Der Ölkonzern BP schickt einen Mann - Brady Grimes- zu den Fischern, die ihm 10.000 Dollar Abfindungsverträge unterschreiben sollen, damit später die Millionenklagen gegenüber dem Konzern ausbleiben. Natürlich findet das die eingeschworene Fischer-Gemeinschaft überhaupt nicht komisch. Grimes trifft auf Lindquist, einem Fischer, der in seiner freien Zeit mit Metalldetektoren die Sumpfinseln nach Piratenschätzen absucht. Lindquist muss sich mit den fiesen Drogenbrüdern Torp auseinandersetzen, die wiederum auf Cosgrove und Hanson stoßen. Kleine Gelegenheits-Schurken, die auch ihren Teil am großen Geschäft wittern. Wes Trench trifft wiederum auf Lindquist und heuert bei ihm an. So kommt jeder jedem in die Quere und es ergeben sich interessante Verwicklungen.

Eines vorweg:
Zuerst muss ich mal erwähnen, dass sich der Verlag mit dem deutschen Titel sicherlich keine Ehre gemacht hat.
In der Schule habe ich schon gelernt, dass man einem Aufsatz keinen Titel mit Bezug auf einen Charakter gibt, weil man dann denkt, es ginge nur um die nackte Beschreibung eben dieser einen Person.
Dieses Buch hier hat 7 Hauptcharaktere, von denen im schnellen Kapitelwechsel berichtet wird.

Einem Wes Trench hier die alleinige Hauptrolle zuschreiben zu wollen ist eigentlich Unsinn. Dazu waren die anderen Personen einfach viel zu stark, ihr Lebenslauf viel zu intensiv und deutlich spannender als der eines Wes Trenches. Sein Leben wirkte auf mich auch nicht wirklich „zerstört“.
„The Marauders“, der Originaltitel, wäre ein wirklich schöner Titel auch im Deutschen gewesen. (Gerne auch nur angelehnt übersetzt). Das wäre der Story und den vielen Hauptcharakteren wesentlich gerechter geworden.

Meine Eindrücke:
Der Autor beschreibt sehr eindrucksvoll und intensiv das Sumpfgebiet der Barrataria und auch die Charaktere der Menschen, die dort leben. Ich konnte mir wirklich ein gutes Bild der Gegend machen. Die Moskitos konnte ich fast schon sirren hören und auch die Hitze und der Schweiß, sowie der Ölgestank durch die BP Katastrophe waren mir sehr präsent. Das alles war gut beschrieben.
Die Handlung ist spannend in dem Sinne, dass man sich fragt: Wie fügen sich die ganzen Rollen zusammen, werden sie aufeinandertreffen, oder wenn sie sich schon kennen, wie geht es mit der Verflechtung weiter? Wie ist der große Showdown? Jede der vielen Personen war interessant, hatte seinen eigenen Spleen, jeder war irgendwie verschroben oder schurkisch (bis auf den stinknormalen Wes Trench, um das noch mal ganz deutlich zu sagen). Es war eine Freude der Entwicklung der Story zu folgen.

Aber irgendwie hatte ich dann doch mit mehr gerechnet. Ich kann das schlecht beschreiben. „Die Handlung plätscherte so dahin“ trifft es noch nicht einmal. Das Tempo war eher unaufgeregt und wie man selbst an einem schwülen Tag, wo einem die Hitze zu viel wird und man sich nicht bewegen will. Insofern passt das ganz gut zur Barrataria. :-) War es vielleicht ein letztes bisschen Drama oder Verwicklung, oder auch Tiefgang in die Psyche der Protagonisten was mir fehlte? Trotzdem habe ich das Buch für diese Stärke recht zügig lesen. (fast 400 Seiten in 5 Tagen) Was für mich schon ein gutes Lesetempo ist.
Und ehrlich gesagt hatte ich gar keine Erwartungen an das Buch, und die wurden wirklich enorm übertroffen. ;-)

Fazit:
Ich bin sehr ambivalent. Der Schreibstil war fesselnd,die Handlung teils spannend. Die Charaktere waren super ausgearbeitet, wobei ich mir vielleicht noch einen tieferen Blick in die Psyche gewünscht hätte.
Der schlechte Buchtitel möchte eigentlich abgestraft werden und so ziehe ich einen halben für den Titel und einen Halben für die Handlung ab, die für mich noch ein bisschen tiefer in die Charaktere hätte gehen dürfen.
Wer gerne USA-bezogene Bücher liest ist mit diesem Buch mittendrin im Sumpf von Louisiana.