Rezension

Wenn du dich traust

Wenn du dich traust
von Kira Gembri

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzbeschreibung: „Lea zählt - ihre Schritte, Risse im Asphalt, die Erbsen auf ihrem Teller. Seit sie wegen ihrer Zwangserkrankung in einer Klinik gelandet ist, zählt sie aber vor allen Dingen eins: die Tage, bis sie endlich wieder von dort verschwinden kann. Zumindest in diesem Punkt hat sie etwas mit Jay gemeinsam. Vom Jugendgericht zu Sozialstunden verdonnert, kann sich der 20-jährige Bad Boy nichts Schlimmeres vorstellen, als in einer Klapsmühle den Wischmopp zu schwingen. Damit nicht genug, wird er im Büro der Klinikleitung auch noch von Lea beim Klauen erwischt. Anstatt ihn anzuzeigen, schlägt sie ihm allerdings einen Handel vor. Im Tausch gegen ihr Stillschweigen - und eine wertvolle Halskette - lässt er sich zähneknirschend darauf ein.“

Das Cover ist wunderschön gestaltet und sehr passend zum Inhalt. Zu sehen ist ein umschlungenes Paar, umgeben von Zahlen. Da Leas Welt vor allem aus Zahlen besteht, hat mir diese Idee sehr gut gefallen. Das Cover hat mich neugierig gemacht, ebenso wie die glatte 5 Sterne Wertung (Stand: 24.02.15) auf Amazon. Ein Buch mit über 50 Bewertungen das dennoch die Höchstpunktzahl bekommt? Ich war skeptisch. Denn meine Meinung ist, dass die wirklich guten Bücher nicht jedem gefallen können. Vor
allem von Büchern mit der Bestwertung war ich häufig von 0815-Geschichten und konstruierten Happy-Ends enttäuscht. Aber ich schweife ab...

Die Kurzbeschreibung hat mich nur teilweise angesprochen. Vor allem das Thema „Zwangserkrankungen“ machte mich neugierig. Denn das war in den Jugendbüchern die ich bisher gelesen habe, noch nie Thema. Jay wird in der Kurzbeschreibung
furchtbar beschrieben und auch, wenn es am Anfang des Buches den Anschein macht, dass der Stempel „Superdupercooler Bad Boy“ auf ihn passt, lohnt es sich, sich im Laufe der Geschichte vom Gegenteil überzeugen zu lassen.Als ersten Eindruck für die Handlung, passt die Kurzbeschreibung ganz gut. Und mehr möchte ich zu der Handlung auch gar nicht sagen, denn jedes weitere Wort dazu, würde etwas von der Spannung und verschiedene Überraschungen nehmen.

Das Buch ist in mehrere Kapitel unterteilt, die selten über 10 Seiten lang sind. Die Kapitel werden abwechselnd aus der Sicht von Jay und von Lea erzählt. Die Kapitelüberschriften mochte ich sehr gerne. So haben die Überschriften von Lea immer etwas mit Zahlen zu tun (bspw. 99 Schmetterlinge...) und die von Jay (bspw. Über einen bescheuerten Plan mit unerwarteten Folgen) geben seinen Charakter sehr gut wieder. Die Kapitelüberschriften fügen sich optimal in die Handlung ein. Der Schreibstil ist sehr flüssig und einfach zu lesen. Er ist nichts besonderes, wie ich finde, aber für mich muss der Schreibstil auch nicht immer herausragend sein, um mich von der Handlung zu überzeugen. Er passt zu der Geschichte und ist angenehm.

Zunächst mochte ich Jay überhaupt nicht. Und nach zwei Seiten überlegte ich mir ernsthaft, das Buch gleich abzubrechen. Schuld daran war seine Charakterisierung im Klappentext sowie das erste Kapitel. Es geht um „scharfe Weiber“, „geile Moves“, „Mädels in voller Schlampenmontur“. Ich könnte allein bei Kapitel 1 (das nur 6 Seiten lang ist...und die genannten Beispiele befinden sich alle auf den ersten 1,5 Seiten) noch bestimmt 15 weitere, wie ich finde, nervige Beschreibungen aufzählen, aber ich denke als erster Eindruck genügt das. Würde ich nicht vermuten, dass es vielen ähnlich geht wie mir, hätte ich diese Beispiele gar nicht aufgezählt. Aber bitte, bitte, lasst euch davon nicht abschrecken! Denn das Buch, und vor allem Jay, werden
wirklich viel, viel besser. Lea hingegen war mir von Anfang an sympathisch. Sie hat es mit ihren Zwangsstörungen wirklich nicht einfach. Und somit komme ich auch zu einem, für mich, ganz wichtigen Punkt. Den Zwangsstörungen. Der Einblick in eine Welt, die aus Kontrollen und Zwängen besteht, war der Grund, weshalb ich zu diesem Buch griff. Und ich wurde nicht enttäuscht, meine Erwartungen wurden sogar übertroffen. Einfühlsam erzählt die Autorin Lea's Alltag. Es werden nicht nur die Zwänge selbst beschrieben, sondern auch Leas Gefühle und Gedanken. Als Leser kann man sehr gut nachempfinden, was in Lea vor sich geht und hat sogar Verständnis für ihr Handeln. Lea hat diese Zwangsstörung bereits sehr lange. Durch einen Vorfall
(ebenfalls sehr logisch und absolut nachvollziehbar) haben sich diese Zwänge verstärkt und bestimmen seither Leas Alltag. Denn ihre Zwänge beanspruchen sehr viel Zeit. So prüft sie beispielsweise mehrere Stunden und viele, viele Male, ob alle Stecker im Haus aus den Steckdosen gezogen wurden um anschließend mehrfach zu überprüfen, ob der Herd aus ist. Und dann kann es sein, dass das ganze Spiel sich noch weitere Male wiederholt. Ebenso muss Lea alles zählen. Die Schritte von A nach B, die Bücher in einem Regal sind hier nur Beispiele. Alles muss seine, oder besser ihre Ordnung haben. Ist dies nicht der Fall gerät ihre Welt völlig aus den Fugen. Die Liebesgeschichte zwischen Lea und Jay entwickelt sich sehr, sehr langsam und zaghaft. Ich mochte diese Entwicklung wahnsinnig gerne, denn sie ist glaubhaft und authentisch.

Fazit: Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat mich die Geschichte um Lea und Jay komplett in ihren Bann gezogen. Ich konnte nicht mehr aufhören und habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Die Geschichte, der Schreibstil und die Charaktere haben mich berührt. Und das vor allem aufgrund der Authentizität in allen Bereichen. Für alle die gerne Jugendbücher lesen und für Fans von zarten Liebesgeschichten ein absolutes Muss.