Rezension

Wenn ein ganzes Dorf schweigt

Sörensen hat Angst - Sven Stricker

Sörensen hat Angst
von Sven Stricker

Bewertet mit 5 Sternen

★★★★★

Sörensen hat Angstneurosen und erträgt das Leben in Hamburg nicht mehr, besonders als Kriminalhauptkommissar. Also lässt er sich in ein nordfriesisches Dorf versetzen. In Katenbüll versucht er, seine Ruhe zu finden. Aber wie es im Leben gern mal läuft, ist in dem kleinen Kaff noch mehr los, als im großen Hamburg. Sörensen fragt sich schon, ob er nicht wieder zurücksoll. Aber zuerst muss er sich um die Aufklärung des Mordes am Bürgermeister und dem Verschwinden von dessen Sohn kümmern. Das gestaltet sich gar nicht so einfach, wie gedacht. Und so erlebt Sörensen drei Tage, die echt an die Substanz gehen …

 

Sven Stricker hat seinen ganz eigenen, aber einfach genialen Stil. Er zeichnet die Protagonisten so wirklichkeitsnah, dass man nur so staunt. Er hat ein gutes Auge für Eigenarten, Macken und Ticks der Menschen. Dadurch und wie er die Figuren miteinander reden und agieren lässt, ist man sofort mittendrin. Auch der Humor kommt nicht zu kurz. So sarkastisch und ironisch und satirisch er oft ist, es ist der ganz normale Wahnsinn des Lebens. Immer wieder zeigt er mit dem Finger auf den wunden Punkt. Dadurch wirkt der Krimi an einigen Stellen fast schon philosophisch.

 

Auf sehr direkte Art zeigt Stricker hier die schwärzesten Seiten des Dorflebens auf. Das Geklüngel, das Wegsehen, das Nicht-mitbekommen-haben-wollen, das Schweigen. Und er zeigt, dass man dagegen angehen muss. Ein kleiner Kiesel bringt die Sache ins Rollen und lässt sich nicht mehr aufhalten. Das hat der Autor glänzend mit einer Prise passendem Humor verpackt und zu einem spannenden und unterhaltsamen Krimi gemacht. So nah am wahren Leben und doch mit viel Gefühl und positiver Aussicht auf Verbesserung solcher Situationen.

 

Die Protagonisten sind alle ganz wundervoll aufgebaut. Auch die unsympathischen Figuren hat man ganz klar vor Augen und glaubt sie sehr bald tatsächlich zu kennen. Ich wollte sehr schnell nach Katenbüll ziehen, gleich neben Sörensen. Auch als das Dorf sein wahres Gesicht zeigte, fand ich die Idee noch immer gut – da mal zusammen mit Sörensen und Jenni und Malte für Ordnung sorgen und so nebenbei Cord verwöhnen.

 

Am Ende überrollte mich eine ziemlich krasse, aber sehr gut ausgearbeitete und vorstellbare Auflösung, die extrem unter die Haut geht. Jetzt wünsche ich mir sehr, dass das Polizeiteam mit Sörensens Hilfe aus Katenbüll einen schönen Ort macht und es noch viele weitere Bände mit ihnen gibt. Ich muss doch dringend erfahren, wie Sörensen nun mit Vornamen heißt!

 

Meine Begeisterung über „Sörensen hat Angst“ ist riesig. Von Anfang an war ich im Bann des Autors. Auch die feine, aber kontinuierliche Änderung von super witzig über spannend bis zu schockierend, immer mit einer Prise (Galgen-)Humor, der nun mal im Leben ständig präsent ist, ist mehr als gelungen. Schon „Schlecht aufgelegt“ hat mich überzeugt, aber „Sörensen hat Angst“ ist schlicht genial! Weiter so – von mir fünf blitzblanke Sterne!

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