Rezension

Wieviel Recht auf Leben würdest Du einem Klon zugestehen?

I am Elektra -

I am Elektra
von Christian Handel

Bewertet mit 4 Sternen

Nachdem Klon Isabel in „Becoming Elektra“ erfolgreich den Platz der verunglückten Elektra Hamilton eingenommen hat, erwacht die Totgeglaubte nun. Allerdings nicht nur mit einem Mordskater, sondern auch in einem fremden Körper. Dem Körper von Kelsey, Isabels Zwillingsschwester. Neben deren körperlichen Narben scheint jedoch auch ihr Geist weiterhin zu existieren - in demselben Körper. Zudem stellt sich das Problem, dass nur eine Elektra nach außen hin existieren darf. Welche perfiden Pläne verfolgt Priamos Hamilton?

Bereits der erste Band war hochgradig aufwühlend. Wer diesen nicht gelesen hat oder das Gelesene auffrischen möchte findet am Ende des Buches eine sehr gute Zusammenfassung der bisherigen Geschehnisse.

Diemal wird im Wechsel aus den Perspektiven von Elektra und Kelsey erzählt, zwei Personen, welche um ein und denselben Körper kämpfen. Auf diese Erkenntnis reagieren die beiden jungen Frauen sehr unterschiedlich, vor allem im Laufe der Zeit, was der Autor meiner Meinung nach recht gut dargestellt hat. Auch Isabels Rolle als Elektra-Ersatz nehmen beide höchst unterschiedlich auf. Ebenso entsteht somit für Isabels Verlobten Phillip und Elektras Bruder Hektor eine höchst komplizierte Situation - darf man jemanden opfern, um das Leben eines anderen zu retten? Oder lassen sich beide, Elektra und Kelsey, retten? Zudem schwebt über allem die große ethische Frage, ob Klone wie Menschen behandelt werden sollten oder nicht. Und durch weitere Pläne, welche Familienoberhaupt Priamos bereits im Geheimen bereit hält, stehen schon bald tatsächlich Leben auf dem Spiel.

Eine sehr gute Idee, die Thematik des ersten Bandes über die Rechte der Klone erneut aufzugreifen, zumal es bisher zu keiner zufriedenstellenden Lösung gekommen ist. Der Kniff diesmal ist es, dass man als Leser schnell vor dem Problem steht, wem der beiden Charaktere man den einen Körper zusprechen möchte oder muss, denn auf Dauer sind zwei Charaktere in einem Körper einfach keine Lösung. Hierzu ist natürlich erforderlich, dass man zu beiden Charakteren eine gewisse Bindung aufbaut, um beiden ein Weiterleben zu gönnen. Leider ist Christian Handel das mit Elektra bei mir nicht gelungen, ich empfand diese Person als stark naiv, selbstsüchtig und selbstzerstörerisch, so dass ich sie ohne weiteres ihrem natürlichen Schicksal überlassen wollte, welches ihr ohne Einwirken des Vaters, also einem Seelentransfer in Kelseys Körper, zustand. Das empfand ich als vertane Chance und somit als schade - hätte ich Elektra auf irgendeine Weise gemocht, hätte mich das Buch durch den inneren Konflikt, sie nicht sterben lassen zu wollen, deutlich mehr bewegt. Mag ein anderer Leser vielleicht anders empfinden. Zudem kam mir ihre Mutter etwas zu kurz, für die Elektra nur Abneigung übrig hat, obwohl sich bereits im ersten Band zeigte, dass Isabel gar nicht zu den Bösen gehört. Sieger der Herzen ist für mich hingegen der Bruder Elektras, Hektor, welcher eindeutig zwischen den Stühlen steht, jede der Elektra-Klone bzw. das Original retten möchte, aber einfach nicht die Möglichkeiten dazu hat. Ein sehr gelungener Nebencharakter, der im Lauf des Romans ein wenig über sich hinauswächst.

Stilistisch bewundere ich die Detailverliebtheit des Autors, welche auch diesen Roman wieder sehr lebendig wirken lässt, als wäre ich mit dabei. Selbst kleine futuristische Erfindungen der Zukunft sind wieder gekonnt mit eingebaut, besonders die Idee mit den Lavafischen gefiel mir sehr - lasst euch überraschen.

Eine sehr gelungene Fortsetzung rund um das brisante Thema des Klonens, wenn auch in meinen Augen mit ein paar Abstrichen, da mich Elektras Charakter zu kalt ließ, um mich auch diesmal wieder seelisch aufzuwühlen. Davon abgesehen dennoch nicht minder spannend.

Kommentare

La Tina kommentierte am 26. April 2021 um 10:56

Kleiner Schreibfehler:

Die Mutter heißt natürlich nicht Isabel, sondern Sabine.