Rezension

Wunderbar

Ein Baum wächst in Brooklyn - Betty Smith

Ein Baum wächst in Brooklyn
von Betty Smith

Bewertet mit 5 Sternen

Bei guten Bücher dauert es ein bisschen, bis man sich von ihnen verabschieden kann. Bei richtig guten, ist man traurig, dass es vorbei ist. Ich bin traurig.

 

Ich war in Brooklyn 1912, 621 Seiten und 6 Jahre lang, und auch wenn nichts wirklich Großes passiert ist, war ich doch da und habe gespannt verfolgt, wie Francie Nolan sich durchs Leben schlägt.

Francie ist 11 Jahre alt zu Beginn des Buches, ihr Vater singender Gelegenheitskellner, ihre Mutter putzt Hausflure, damit sie über die Runden kommen, das Geld ist knapp.

Wunderschön und eindringlich taucht man ein in die Welt der kleinen Leute, teilt ihre Sorgen und Nöte, lernt Francies Familie kennen, die liebevoll ist und zusammenhält, auch wenn nicht jeder ein einfacher Charakter ist. Francies Vater trinkt und ist eigentlich ein „Stromer“, aber er hat immer ein Ohr für ihre Sorgen. Tante Sissy bringt ständig neue Onkel ins Spiel, kann aber wie keine Zweite mit bissigen Lehrerinnen verhandeln. Ihre Mutter hat nie Zeit, die Arbeit frisst sie auf. Früher war sie das hübscheste Mädchen weit und breit, als sie Jonny Nolan kennenlernte…

Schon Francies Großmutter wusste, man braucht Bildung, wenn man aus dem ärmlichen Leben heraus will, etwas erreichen will, aber bislang hat kaum jemand in ihrer Familie die Grundschule absolviert. Bildung gibt es nicht umsonst. France würde so gerne lernen, verschlingt Bücher, aber es kostet viel, die Kinder zur Schule zu schicken.

 

In diese Geschichte kann man sich fallen lassen. Betty Smith erzählt wunderbar, schafft liebenswerte Charaktere mit Ecken und Kanten. Die rosarote Brille lässt sie in der Schublade, driftet aber auch nicht ins große Drama ab, selbst wenn es leidvoll wird, sie erzählt, wie es ist, oder gewesen sein könnte. Francies kluge, nachdenkliche Art wirft ein ganz besonderes Licht auf die Ereignisse. Sie ist ein Kind, beobachtet und analysiert aber sehr genau.

 

Mit diesem Buch wurde Betty Smith 1944 für den Pulitzerpreis nominiert, was ich gut verstehen kann. Nicht verstehen kann ich, warum ich bislang noch nie davon gehört hatte.

Man muss es lesen!

 

 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 17. November 2017 um 23:15

Macht Lust aufs Lesen! Manche gute alte Bücher muss man einfach wieder auflegen, genau so wie die  (eigentlich alle) von Warwick Deeping. Wann kommt da endlich jemand drauf?!

Brocéliande kommentierte am 18. November 2017 um 00:16

Eine tolle Rezi - das Buch schwebt schon länger in meinem Leseradar ;)

katzenminze kommentierte am 20. November 2017 um 12:05

Zack! Schon ist es auf meine Wunschliste gehüpft. ^.^

Sursulapitschi kommentierte am 20. November 2017 um 12:09

:-)

Ich könnte es in der Mini-Gruppe wandern lassen... wenn das gewünsch wäre.

katzenminze kommentierte am 20. November 2017 um 12:49

Ooh, das wäre schön! Aber dieses Jahr bin ich lese- und zeitmäßig doch sehr in Streß geraten. Er kann ja nächstes Jahr wandern? (Vielleicht ist er ein Ent. Die sind ja bekanntlich seeehr langsam. ^.~ )