Rezension

Wunderbare Sprache, leider ohne echten Höhepunkt

Der Duft des Regens - Frances Greenslade

Der Duft des Regens
von Frances Greenslade

Bewertet mit 4 Sternen

Kanada in den Siebziger Jahren: In den Wäldern British Columbias wachsen die Schwestern Maggie und Jenny einfach, aber behütet auf. Doch eines Tages stirbt der Vater beim Holzfällen. Um Geld als Köchin in einem Holzfällerlager zu verdienen, bringt Mutter Irene die Mädchen bei einem bekannten Ehepaar in der Stadt unter. Während Jenny sich schnell an das neue Leben anpasst, leidet Maggie sehr und findet allein in dem Indianerjungen Vern einen Freund. Und irgendwann bleiben die Briefe ihrer Mutter und das Geld für den Unterhalt aus. Jahre später begibt sich Maggie mit Vern auf Spurensuche in die Wildnis und die Wälder ihrer Kindheit.

„Wenn der Vater fort ist, das ist etwas anderes. Damit findet man sich irgendwann ab. Aber die Mutter - das ist ein Schmerz, der nicht wieder weggeht.“

Frances Greenslades Debütroman entführt den Leser in die Berge und Wälder von Kanadas Westen und bedient sich dabei einer wundervollen und poetischen Sprache. Ich habe die Geschichte daher mit großem Genuss gelesen, auch wenn meiner Meinung nach ein wirklicher Höhepunkt fehlt und mir der Schluss zu platt daherkam. Die Handlung plätschert zu ruhig dahin. Dies ist mein einziger Kritikpunkt.
 Die Erzählerin Maggie ist sehr realistisch dargestellt, ebenso wie ihre Schwester Jenny. Jede versucht, den Verlust des Vaters und die Ungewissheit über die Mutter auf ihre eigene Weise zu verarbeiten. Am liebsten mochte ich aber Vern und seinen Onkel. Auffallend war allgemein, dass die männlichen Charaktere (der Vater, Vern, Leslie und Ted) viel einfühlsamer und verständnisvoller geschrieben waren als die weiblichen. Was gibt es noch zu sagen? Die Beschreibung der Landschaft und der Natur war sehr gut. Alles in allem eine schöne Familien- bzw. Schwesterngeschichte, die vielschichtiger gestaltet ist als Jeannette Walls‘ „Die andere Seite des Himmels“, welches ich letztes Jahr gelesen habe. Beiden Romanen fehlt aber meiner Meinung nach das Etwas, das sie aus der Masse hervorhebt.