Rezension

Anspruchsvolle und überzeugende Belletristik

Ein Gentleman in Moskau - Amor Towles

Ein Gentleman in Moskau
von Amor Towles

Bewertet mit 5 Sternen

Die Geschichte rund um den jungen russischen Grafen Alexander Iljitsch Rostov, der 1922 wegen regimekritischer Literatur zu lebenslänglichen Hausarrest im Moskauer Hotel Metropol verurteilt wird, las sich ausgesprochen gut. Besonders Kultur und Philosophie begeisterte Leser werden diesen 460 Seiten starken Roman lieben. Denn der Hauptprotagonist Graf Rostov ist ein überaus kultivierter Zeitgenosse – ein wahrer Gentleman, der niveauvolle Unterhaltungen und stilvolle Wohnungen schätzt. Er umgibt sich gern mit Kulturschaffenden und kann dem Hausarrest daher anfangs wenig abgewinnen. Doch mit der Zeit kommen die Mächtigen und Freunde zu ihm ins Hotel, so dass er sich bald mit seinem Eingesperrtsein arrangiert. Letzteres liegt vor allem an zwei jungen altklugen Mädchen, beide Gäste, die ihn in die Rolle des Unterhalters und Lehrers schlüpfen lassen. Erst durch sie reift Rostov abseits von der hektischen Außenwelt zu einem Erwachsenen heran. Obschon er die geschichtlichen Ereignisse in Russland (revolutionäre Umwälzungen und Zweiter Weltkrieg) nur am Rande miterlebt, so befindet er sich durch diverse Zeitungen und Berichten von Freunden und Bekannten doch stets nah am Geschehen. Der amerikanische Autor Amor Towles hat aus Rostovs Leben in der glamourösen Haftanstalt, dem Hotel Metropol, etwas Besonderes gemacht. Trotz räumlicher Enge kann der intellektuelle Graf hier weiterhin seinen Leidenschaften frönen und dabei die verschiedensten Gäste studieren. Ihm dabei als Leser über die Schulter zu schauen macht Laune, da es sich um anspruchsvolle Bildungslektüre handelt. Zeitgenössische und antike philosophische wie literarische Autoren werden mit spielerischer Leichtigkeit zitiert und passend in die Gesamthandlung integriert. Wer sich dieser nicht ganz leicht zu lesenden Lektüre stellt, wir auf jeden Fall reich belohnt werden.

FAZIT
Ein charmanter und durchweg bildungsschwangerer Roman, der das geistige Klima in Russland vom Beginn bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts realistisch einfängt. Absolut lesenswert.