Rezension

Belanglos trifft es auf den Punkt

Wenn du mich tötest - Karen Winter

Wenn du mich tötest
von Karen Winter

Bewertet mit 2 Sternen

"Wenn du mich tötest" handelt von dem deutschen Julian Than, der mit seiner Frau Laura an der schottischen Atlantikküste einen Urlaub verbringt. Eines Abends kehrt er im Pub eines Hotels ein und meldet seine Frau bei der Polizei als vermisst. Detective John Gills wird für diesen mysteriösen Fall in seinen Heimatort beordert und er ist gleich skeptisch, spätestens als Blut und das Handy der Vermissten im Campingzelt gefunden wird. Je mehr Gills herausfindet und je mehr er mit Julian spricht, desto mehr verhärtet sich seine Vermutung, dass Than seine Frau getötet hat. Doch Julian bestreitet vehement, dass er seine Frau getötet hat.

An diesem Buch hat mich einiges gereizt: zum einen der ausführliche Klappentext, zum anderen die andere Variante, die letztlich auf dem Buchrücken gedruckt ist, die vom "Psychogramm einer Ehe" spricht, das Cover und die Tatsache, dass ich noch keinen Krimi/ Thriller in Schottland spielend gelesen habe (und ich liebe es, wenn man über Länder und Kulturen dabei etwas erfährt). Vor allem natürlich die Einteilung in das Genre Psychothiller und eben die Versprechungen auf dem Buchrücken haben gezogen, denn ich tauche gerne als Leser in die Psyche der Guten aber auch der Bösen ein. "Wenn du mich tötest" ist aber letztlich alles und nichts und diese nichtssagende Einschätzung meinerseits möchte ich nun gerne etwas näher erläutern.

Die schottische Kulisse ist wirklich gut gewählt, die Menschen leben dort einfach, sie glauben an die Mystik ihrer Buchten und sie werden überwiegend so gezeichnet, dass man keinem von ihnen trauen kann, denn sie sind alle suspekt. Die geheimsnivolle und bedrohliche Atmosphäre wurde also geboten. Des Weiteren wurde die Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt, was tatsächlich einen Einblick in die Psyche der unterschiedlichen Figuren gewährte. Der Fall war von der Ausgangslage ebenfalls spannend gemacht: eine vermisste Frau und der Mann mit einer Strafakte in seinem Heimatland.

Die konkrete Umsetzung jedoch war schwach. John Gills als ermittelnde Figur war mir zwar sehr sympathisch, weil er nie lockerlassen wollte, weil er seinen Instinkten vertraut und weil er einfach an die Gerechtigkeit zu glauben scheint, aber seine Ermittlungserfolge waren spärlich und lückenhaft. Ab der Hälfte wird ihm kurzfristig eine Anwältin zur Seite gestellt, außer deren Sicht ebenfalls einige Kapital erzählt werden. Beide finden sich sympathisch und stehen sich doch auf Grund ihrer Interessen entgegen. Es wird als Potenzial für eine Liebesgeschichte gespinnt, aber urplötzlich verschwindet die Anwältin auch wieder und es war nie mehr von ihr gehört. Dann hat man den Säufer Peter Dunn, den keiner ernst nimmt und der behauptet eine übernatürliche Gabe zu haben. Er ahnt zwar ständig das Unheil voraus, aber er handelt dem nicht gemäß, bewirkt nichts und geht damit in die Geschichte als eine der unnötigsten Figuren ein. Julian ist ebenfalls mit viel Potenzial ausgestattet: er wird als sehr liebenswerte Figur eingeführt, die direkt Mitleid erregt, weil die Frau abhanden gekommen ist. Und diese liebenswerte Figur bleibt er eigentlich durchweg. Auch wenn nachher einiges aus seiner Vergangenheit ausgegraben wird, in den Kapiteln, die aus seiner Sicht erzählt werden, wird stets ein Mann präsentiert, der von Ängsten und Sorgen gequält ist, den man am liebsten in den Arm nehmen will. Nur von außen wird eine andere Perspektive aufgedrückt.

Die Geschichte selbst bietet in meinen Augen spätestens ab der Hälfte keinerlei Spannung mehr. Es gibt keine überraschenden Wendungen mehr, man ahnt, dass es so ausgehen muss, weil die andere Lösung noch offensichtlicher gewesen wäre. Zudem wird eben dieses Psychogramm überhaupt nicht geliefert: in Rückblenden und Gedanken von Julian wird Laura zwar als verrückt, kontrollierend, eifersüchtig und ähnliches gezeigt und es kriselt in der Ehe, aber es wird definitiv kein Psychogramm einer Ehe geboten.

Warum also ist dieser Thriller alles? Es wird einiges geboten, dass einen guten Thriller ausmacht und ich denke, dass sich auch einige andere Leser wunderbar unterhalten gefühlt haben werden. Aber ich habe schon so einige Thriller hinter mir und vor allem wenn mir Dinge durch Klappentexte versprochen werden, dann setze ich da auch den Maßstab an. Und es wird eben nicht geliefert, daher ist der Thriller zugleich auch nichts. Für mich bringt es einfach auf den Punkt, dass ich diesen Thriller als sehr belanglos empfunden habe. Wenn ich jetzt diese Rezension in den Orbit verschickt habe und das Buch wegpacke, wird es vergessen sein. Fehlende Spannung, ein netter Detective, der aber den Fall letztlich nur in Teilen löst, unnötige Figuren und mangelhafte psychische Einblicke bekräftigen mich in meiner Einschätzung und daher vergebe ich nur 2 Sterne!