Rezension

Die 2. und 3. Generation der Familie Lessing

Die australischen Schwestern
von Ulrike Renk

Bewertet mit 5 Sternen

~~1891. Nach dem Tod von Tochter Minnie leben die 5 Kinder bei den Großeltern Emilia und Carl Gotthold Lessing, da Vater Rudolph te Kloot mit der Erziehung vollkommen überfordert ist und sich auch nicht kümmern will. Wichtig ist ihm vor allem Geld. Um dieses einzufordern, sendet er seine älteste Tochter, die 8-jährige Carola zu seinen Verwandten nach Deutschland, damit sie dort bei seiner Schwester Mathilde aufwächst und er sich dafür einen Teil des Erbes sichern möchte. Carola muss ihre Geschwister zurücklassen und besteigt in Sydney mit ihrer Tante Lily und ihrem Cousin Otto ein Schiff Richtung Europa. Sie weiß nicht, wann sie ihre Schwestern und ihre Brüder wiedersehen wird. Währenddessen verspürt Mina den Drang, ihr Leben zu verändern und reist zu ihrer Tante Till, um dort einige Zeit in deren Haushalt zu verbringen, wobei ihr die kühlen Umgangsformen zwischen ihrer Tante und deren Ehemann auffallen. Auch die Ablehnung gegenüber den Aborigines gefällt Mina gar nicht. Elsa verbringt ihre Ferien auf der Schafstation bei Tante Lily und Cousin Otto, in den sie schon lange heimlich verliebt ist. Aber die Tage dort werden getrübt durch Ottos Verhalten gegenüber seiner Mutter in Bezug auf ihren Lebenswandel. Carolas Schwestern Mina und Elsa vermissen Carola, sind sie sich doch im Herzen sehr verbunden. Doch ihnen bleibt als einziger Kontakt der Briefwechsel, um gegenseitig Neuigkeiten auszutauschen. Ob sie sich jemals wieder in die Arme schließen dürfen?
Ulrike Renk hat mit ihrem Roman „Die australischen Schwestern“ die Fortsetzung zu ihrem Buch „Die Australierin“ vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und fesselnd, dabei gefühlvoll und informativ. Die Geschichte umspannt den Zeitraum 1981 bis 1909 und ist in einzelne Teile aufgeteilt, die als Überschrift den Namen der jeweiligen Protagonistin tragen, um deren Erlebnisse es in den folgenden Kapiteln geht. Die Autorin vereint in ihrer Handlung historisch belegte Realität mit Fiktion auf so herrliche Weise, dass man die Übergänge nur durch das Nachwort erkennen kann.
Wie schon in „Die Australierin“ geht es um die Familie Lessing, hier insbesondere um das Leben der Töchter und vor allem der drei Enkelinnen, die in Australien bzw. Deutschland aufwachsen. Die unterschiedlichen Lebenswege und Entwicklungen der Schwestern werden sehr anschaulich beschrieben, ebenso ihre Verbindung zu den Aborigines und deren Geschichte. Die Charaktere sind sehr liebevoll skizziert, wirken authentisch und lebensecht. So leidet der Leser mit ihnen, freut sich, vergießt Tränen oder hofft mit ihnen auf ihrem Weg durchs Leben. Carola ist noch ein kleines Mädchen, als sie aus der vertrauten Umgebung herausgerissen und zu Fremden nach Deutschland verpflanzt wird. Sie vermisst ihre Familie und ihre Geschwister, fühlt sich verraten und verletzt und muss sich doch anpassen, denn einen Weg zurück gibt es nicht. Mina ist eine feinfühlige Person, die sich nach der wahren Liebe sehnt, so wie sie die Großeltern ihnen allen vorleben. Doch sie ist auch praktisch veranlagt und packt mit an. Dabei hat sie einen Sinn für die Untertöne und denkt viel nach. Elsa, die Jüngste, wird Prinzessin gerufen, da sie von allen verwöhnt wurde und wohl auch, weil sie unbedingt ihren Kopf durchsetzen will. Sie hat eigene Vorstellungen von ihrem Leben und erste Enttäuschungen lassen sie manchmal hadern und Dinge in Frage stellen.
Ulrike Renk ist mit „Die australischen Schwestern“ eine wundervolle Fortsetzung gelungen, die durch ihren Sprachstil und die schöne Geschichte zu überzeugen weiß. Wer historische Romane liebt und sich von einem Buch verzaubern lassen möchte, der sollte sich diesen Roman nicht entgehen lassen, es lohnt sich auf jeden Fall. Absolute Leseempfehlung für ein literarisches Highlight!
 

Kommentare

Wedma kommentierte am 12. September 2015 um 08:31

Schöne Rezi. Macht Lust, das Buch zu lesen.