Rezension

Ein düsteres Kapitel amerikanischer Geschichte – ein aufwühlendes Thema nüchtern erzählt

Underground Railroad
von Colson Whitehead

Bewertet mit 4 Sternen

Die junge Cora lebt, wie andere unzählige Schwarze auf einer Baumwollplantage in Georgia. Ihre Leben besteht aus harter, mühsamer Arbeit, Leid und Quälerei. Die Plantagenbesitzer behandeln ihre Sklaven oft schlimmer als Tiere. Viele träumen von Flucht und einem freien Leben. Eines Tages erfährt Cora durch einen anderen Sklaven von dem geheimen Fluchtnetzwerk Underground Railroad. Zusammen mit ihm gelingt es der jungen Schwarzen zu fliehen. Ob am Ende ihrer gefährlichen und strapaziösen Reise wirklich die Freiheit wartet?

Meine Meinung:

„Underground Railroad“ von Colson Whitehead ist mir aufgrund seiner derzeitigen Popularität aufgefallen, erfolgreich, hochgelobt und mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, ein Roman den man gelesen haben muss. Mich hat die Lektüre mit zwiespältigen Gefühlen zurückgelassen.

Erzählt wird die Geschichte der Sklavin Cora, der die Flucht von einer Baumwollplantage in Georgia mit Hilfe des Netzwerks Underground Railroad gelingt. Whitehead stellt dieses Netzwerk im Buch als eine fiktive Eisenbahnlinie untertage dar. In Wahrheit erhielt das Netzwerk seinen populären Namen, weil man sich der Ausdrücke aus der Welt der Eisenbahn bediente, um so verschlüsselte Botschaften zu übermitteln. So war zum Beispiel „Station“ eine Unterkunft für Flüchtlinge und die Flüchtenden bezeichnete man als „Passengers“. 

Die Erlebnisse, die Cora auf ihrer beschwerlichen Reise miterleben muss, sind eine Aneinanderreihung von Grausamkeiten. Menschen sterben, werden brutal niedergemetzelt, erhängt, missbraucht. Die flüchtenden Sklaven und ihre Helfer erleiden unvorstellbare Qualen. 
Colson Whitehead gönnt Cora keine Pause, auf ihrer Flucht quer durch Amerika erlebt sie Unvorstellbares, immer die Hoffnung auf Freiheit im Herzen. 

Whitehead lässt Bilder im Kopf entstehen, die einem nicht kalt lassen können, Bilder, die berühren, schockieren und wütend machen. Und immer mit dem Wissen, dass dies alles grausame Realität war: Menschen wurden zu Sklaven aufgrund ihrer Hautfarbe, wurden gefoltert, verkauft und misshandelt. 

Dennoch hatte ich stellenweise Mühe, dieses Buch zu lesen. Es fiel mir teilweise schwer, der Geschichte konzentriert und gespannt zu folgen. Bei aller Emotionalität, die dieses Thema hervorruft, hat mich der nüchterne, fast neutrale Erzählstil nur vereinzelt erreicht. Die Protagonisten, egal ob Sklave, Helfer oder Plantagenbesitzer, sind wenig greifbar, distanziert, fast möchte ich sagen farblos. 

Mein Fazit:
„Underground Railroad“ von Colson Whitehead ist meiner Meinung nach zurecht mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden. Das Thema „Diskriminierung“ egal in welcher Form ist stets aktuell. Sogenannte „Feindbilder“ sind in den Köpfen vieler Menschen allgegenwärtig, sie bieten das Ziel um Hass zu projizieren und Gewalttaten zu rechtfertigen. 

Auch wenn mich „Underground Railroad“ aufgrund seiner nüchternen Erzählweise nicht wirklich emotional berühren konnte, so ist das Buch dennoch großartige, lesenswerte und wichtige Literatur. Es beschreibt anspruchsvoll eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Amerikas. Leider sind Folter und Diskriminierung verfolgter Menschen keine Fehler aus unserer geschichtlichen Vergangenheit. Die gleichen Vergehen werden nach wie vor überall auf der Welt begangen.