Rezension

Ein Hügel in Kalabrien

Der Hügel des Windes - Carmine Abate

Der Hügel des Windes
von Carmine Abate

Bewertet mit 3 Sternen

Ein karger Hügel in Kalabrien, eine Arbeiterfamilie, die über Generationen in harter Arbeit den Boden fruchtbar und das Land in ein kleines Paradies, von dem sie mehr oder weniger gut leben können, verwandelt haben.  Wären da nicht die Begehrlichkeiten von außen, sei es der faschistische Großgrundbesitzer und Bürgermeister Don Lico in der Vorkriegszeit, die Investoren in ein Ferienzentrum danach oder die Betreiber eines Windparks in heutiger Zeit. Über die ganzen geschilderten 100 Jahre strecken Menschen von außen ihre Hände nach dem Rossarco aus. Gegen alle weiß sich die Familie Arcuri zu wehren, nur den Archäologen Paolo Orsi lassen sie auf ihrem Grund und Boden nach der verschütteten antiken Stadt Krimisa graben. Und wären da nicht die Dramen und Katastrophen des 20.Jh., unter denen auch die Familie Arcuri zu leiden hat. Es kostet sie zwei Söhne im 1. Weltkrieg, Mann und Geliebten im Faschismus und fordert gerade von den Frauen der Familie ungeheure Kraftanstrengungen.

Erzählt wird diese Familiengeschichte vom Enkel Rinu, der sie wiederum nach und nach von seinem Vater Michelangelo hört. Dieses nach und nach wird im Roman durch Einschübe aus der Jetztzeit deutlich, in denen Rinu seinen mittlerweile alleinstehenden Vater am Rossarco besucht. Er selbst lebt schon seit langem mit Familie in der Stadt.

Geprägt ist diese Geschichte durch eine tiefe Verbundenheit mit dem Land, dem Rossarco, dem im Roman auch die zentrale Rolle zufällt. Demgegenüber wirken die Menschen und Ereignisse eigentümlich blass. Zu schnell und oberflächlich geht der Autor über sie hinweg. Man kommt ihnen selten nah. In weiten Teilen wirkt das Ganze wie eine Zusammenfassung der Geschehnisse.

Die Sprache ist sehr sinnlich, streift und überschreitet aber leider viel zu oft die Grenze zum Kitsch und Schwulst.

Gegen Ende ist das Buch ganz nah an der Gegenwart des Rossarco, der Hügel droht bei einem Unwetter abzurutschen. Hier begann das Buch mich wieder, wie bereits ganz zu Beginn, zu interessieren. Hier rückte man als Leser endlich einmal etwas näher ran. Dann war es aber bereits zu Ende.

Schade, was als vielversprechende Geschichte einer Familie durch das stürmische 20.Jh. begann, war zu vorhersehbar, zu distanziert zu seinen Personen und einfach oft auch zu kitschig, bot zu wenig Neues und/oder Berührendes.

Dank des schönen Anfangs und Endes und weil der Kitsch-Radar bei anderen LeserInnen nicht so empfindlich eingestellt sein mag, trotzdem noch 3 Sterne.