Rezension

Ein modernes Märchen

Die erstaunliche Wirkung von Glück - Susann Rehlein

Die erstaunliche Wirkung von Glück
von Susann Rehlein

Bewertet mit 4 Sternen

Bei diesem Roman fällt es mir sehr schwer eine Rezension zu schreiben. Es hat mich selbst etwas zwiegespalten. Erst einmal zum Äußeren, das ist für mich eindeutig. Das Hardcoverbuch hat ein handliches Format und besonders die Farbgestaltung des Umschlages gefällt mir sehr, es verbreitet positive Stimmung. Erst auf dem zweiten Blick habe ich erkannt, dass es eine Frau, die auf einem Kronleuchter sitzt, darstellt. Beim Lesen des Romans wird auch klar wieso. Perfekt zu diesem hübchen kleinen Buch wäre noch ein Lesebändchen gewesen, aber das ist wirklich nur eine Minimalkritik.

Die Protagonistin des etwas ungewöhnlichen Romans ist Dorle. Eine 24 jährige Frau, die ein etwas einsames Leben führt. Sie wohnt in einer winzigen Souterrainwohnung eines schicken Mietshauses. Ihr Tagesablauf ist jeden Tag gleich und perfekt durchgeplant. Sie arbeitet von zu Hause, geht mittags ein Mettbrötchen essen und arbeitet wieder. Freunde und wirkliche Freizeit kennt sie nicht. Dazu kommt, dass sie von ihren Mitmietern als Concierge ausgenutzt wird und alle möglichen Arbeiten unentgeldlich für sie erledigt. Der einzige Mensch der sich wirklich mit ihr unterhält ist der Lieferant ihrer Kronleuchterkristalle Joe, denn ihr Job ist es diese zusammenzustecken. Aber auch ihn lässt sie nicht wirklich an sich ran.

Dann eines Tages tritt Frau Sonne in ihr Leben und der Name ist Programm. Die selbstbewusste ältere Dame will Dorle aus ihrem Schneckenhaus holen und vereinbart mit ihr, dass sie in ihrer Abwesenheit Dorle auf ihre Luxuswohnung aufpassen soll, in dem sie darin wohnt. Dafür muss Dorle verschiedene zum Teil sehr skurile Aufgaben erledigen. Als Leser darf man nun dabei sein, wie Dorle immer mehr sich selbst wahrnimmt und auch ihr Leben in die Hand nimmt.

Die Geschichte um Dorle ist für mich ein modernes Märchen mit sehr ungewöhnlichen Menschen. Leider fiel es mir manchmal schwer mich in Dorle hineinzuversetzen, weil man fast nichts über ihr bisheriges Leben erfahren hat. Ich hätte gerne gewusst, wie sie der Mensch wurde, der sich so sehr zurückzieht. Die Distanz zur Protagonistin blieb leider im ganzen Roman. Die Geschichte ist im Präsens eines allwissenden Erzählers geschrieben, was mir ganz gut gefiel. Was mir persönlich nicht gefiel, war das die Autorin ab und zu den Leser direkt ansprach, dadurch wurde ich aus der Geschichte herausgerissen und mir wurde deutlich gemacht, das alles nur eine Geschichte ist. Ich lass mich einfach gerne in die Geschichte fallen und werde nicht gerne wieder herausgezogen. Dennoch habe ich den Roman sehr gern gelesen, was vor allem an den großartigen Nebencharakteren lag, so dass ich am Ende etwas traurig war diese Gemeinschaft verlassen zu müssen.

Insgesamt ein Roman, der ein gutes Gefühl hinterlässt und zeigt, dass es noch Glück gibt. Ein Buch perfekt für die jetzige Vorweihnachtszeit.