Rezension

Eine unerwartete Perle. Kein Krimi, sondern viel schöner!

Ein feiner dunkler Riss - Joe R. Lansdale

Ein feiner dunkler Riss
von Joe R. Lansdale

Ein Sommermärchen im heißen Texas

Wer Angst vor Spoilern hat, sollte nur meine abschließende Meinung lesen. Aber ich denke ich verrate nicht zu viel mit meinen inhaltlichen Angaben. :-)

Sommerferien, Texas in 1958. Der 13 jährige, naive Stanley erlebt einen Sommer, den er nie vergessen wird.

Stan kommt mit Gewalt in Berührung. Gottlob nicht in seiner Familie, aber sein bester Freund wird regelmäßig von seinem religiös fanatischen Vater verprügelt und die Haushälterin Rosy Mae von ihrem gruseligen Lebensgefährten Bubba Joe.

Stan wird zu einer Zeit groß, die noch strikte Rassentrennung vorgibt. Schwarze sitzen im Kino hinten, Schwarze werden Nigger genannt und Schwarze arbeiten für die Weißen und haben sich ansonsten still zu verhalten. Während Stans Vater an diese Rassentrennung festhält, ist Stans Mutter sehr aufgeschlossen und kümmert sich rührend um die farbige Haushälterin Rosy Mae. Sie bezieht sogar ein Zimmer im Haus der Familie. Stan und sie freunden sich an. Generell hat in Stans Familie die schlagfertige Mutter das Heft in der Hand, was zu dieser Zeit nicht üblich war und für eine Leichtigkeit in dieser Geschichte führt.

Der Junge Texaner findet beim Spielen mit seinem treuen Hund Nub Liebesbriefe und Tagebuchblätter, die er seiner Schwester Callie und Buster, dem farbigen Filmvorführer des väterlichen Autokinos, zeigt.
Diese Briefe führen Stan auf die Spur eines „Doppelmordes“.

2 junge Frauen sterben auf mysteriöse Weise in der gleichen Nacht. Wer waren die Ermordeten, und warum ließen sie ihr Leben? Hingen die beiden Morde zusammen oder war alles ein Zufall? Und wer ist hier der Mörder? Stan möchte mehr herausfinden und so stürzt er sich mit Hilfe von Buster in Nachforschungen. Buster lehrt Stan detektivisches Denken und die beiden werden verbündete. Callie hilft mal mehr, mal weniger begeistert bei den Ermittlungen. Es entspinnt sich eine Geschichte, die weit über die Grenzen eines Kriminalromanes hinaus gehen. Es ist vielmehr eine Geschichte über bedingungslose Freundschaft, Mut und die Vielfalt der Menschen.
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Meine Meinung:
Der Schreibstil ist sehr flüssig. Landsdale kommt ganz ohne Kryptik oder sonstigen verwirrenden Schnickschnack aus. Er erzählt einfach aus der Sicht des erwachsenen Stanleys, der auf einen Sommer zurückschaut als er 13 Jahre alt war. Landsdale spielt mit den Konventionen der 50er Jahre und lässt seine Protagonisten bewusst einige Tabus ankratzen. Das gibt dem Buch seinen Charme. Protagonisten wie Antagonisten sind so fein gezeichnet und die Handlung so tiefgründig, dass man stundenlang über sie schreiben könnte. Die Rahmenhandlung ist für mich hier viel wichtiger als der Kriminalfall, der schon fast zur Nebensache verkümmert. Umso überraschender packt einen dann doch das Finale.

Zum Ausklang des Buches hatte ich erstaunlicherweise sogar Tränen in den Augen. So wünsche ich mir ein Buch. Eine Geschichte, die mich sehr fasziniert hat.