Rezension

Eine unglaublich toll erzählte Abenteuergeschichte.

Ein feiner dunkler Riss - Joe R. Lansdale

Ein feiner dunkler Riss
von Joe R. Lansdale

Bewertet mit 5 Sternen

Texas in den 50ern. Der 13-jährige Stanley hat gerade Sommerferien, als er die Überreste eines Hauses im Wald entdeckt sowie alte Tagebucheinträge und Briefe. Die Aufzeichnungen klingen geheimnisvoll und so beginnt Stanley sich gemeinsam mit seiner Schwester auf Spurensuche zu machen. Buster - ein farbiger Angestellter seiner Eltern - war früher eine Art Polizist und hilft Stanley das Geheimnis aufzudecken. Doch die beiden ahnen noch nicht, worauf sie sich eingelassen haben.

Die Beschreibung liest sich wie ein Krimi um einen Mordfall und prinzipiell geht es auch im gesamten Buch um diesen ungeklärten Fall. Allerdings rückt er für mich eher in den Hintergrund, denn Lansdale erzählt noch viel mehr als nur eine Detektivgeschichte. Es geht mehr um Stanleys Entwicklung, der in diesem Sommer nicht nur aufgeklärt wird sondern auch gänzlich den Wandel von einem Kind zu einem Mann vollzieht. Außerdem wird die Unterdrückung der farbigen Bürger thematisiert und ein kleiner Schimmer der aufkommenden Bürgerrechte und das Ende der Diskriminierung ist zu erfühlen.
Lansdale ist ein unglaublich begnadeter Erzähler. Er erschafft nicht nur umwerfende Charaktere, sondern er haucht ihnen so viel Leben ein, dass sie zu wirklichen Menschen werden mit denen der Leser mitfühlt, mitlacht und sich mit ihnen fürchtet. Besonders berührt hat mich die Geschichte von Rosy Mae, die auch für Stanleys Familie arbeitet. Ihr Mann verprügelt sie ständig und dennoch ist sie ein unglaublich sanftmütiger und guter Mensch. Auch der Umgang der Familie mit Rosy geht einem ans Herz. Hier kann man echte Gleichberechtigung erfahren und auch, dass ein Familienmitglied nicht unbedingt die gleiche Hautfarbe haben muss.
Der Schreibstil ist immer an die Personen angeglichen, um die es geht. Auch dadurch wirken die Figuren noch authentischer. Und auch die Umgebungsbeschreibungen lassen einen in die Welt des damaligen Texas eintauchen. Der Leser kann förmlich die trockene Sommerhitze auf der Haut spüren.

Ich bin immer wieder begeistert von Lansdale. Und dieses Buch lässt sich nur schwerlich in ein bestimmtes Genre pressen. Es ist eine gelungene Mischung aus Krimi, Abenteuer, Geschichte und Beziehungen. Es ist jetzt schon eines der Highlights in diesem Jahr für mich.