Rezension

Hervorragend

Ein feiner dunkler Riss - Joe R. Lansdale

Ein feiner dunkler Riss
von Joe R. Lansdale

Bewertet mit 5 Sternen

Hier liegt die Neuauflage der 2012 erschienenen deutschen Erstausgabe vor.

Der 13 jährige Stanley findest ein Kästchen mit Briefen sowie ein Haus, was mittlerweile in den Bäumen hängt... Seine Neugier ist geweckt und er geht auf Spurensuche. Dabei versucht er vor Jahren begangene und noch unaufgeklärte Morde an zwei jungen Mädchen zu entschlüsseln.

Die Romanhandlung spielt 1958 in Texas. Die damalige Zeit wird sehr anschaulich beschrieben, hier vor allem der herrschende Rassismus bezüglich der schwarzen Bevölkerung, aber auch die damals geltenden Werte- und Moralvorstellungen rücken in den Fokus.

Die Figuren sind lebendig und mit viel Sympathie beschrieben. Stanley ist mir sehr ans Herz gewachsen sowie auch seine Familie, einschließlich der schwarzen Haushälterin Rosy Mae, die ihr Herz auf der Zunge trägt und des Filmvorführers Buster mit seiner rauen Schale und dem guten Kern. Und natürlich, nicht zu vergessen, der stets treue Begleiter Stanleys: sein tapferer Hund Nub.

Ebenfalls sehr überzeugt hat mich die Perspektive Stanleys, der sich nach und nach mit Dingen der Erwachsenenwelt auseinandersetzen muss. So sagt er gegen Ende des Romans: „Schrecklich, wie es in Wirklichkeit zuging auf der Welt […] Es war, als ob ich einen Deckel angehoben hätte, und nun kamen alle üblen Geheimnisse der Welt hervorgekrochen.“ (S. 297).

Dies soll jedoch nicht heißen, dass der Roman düster sei, ganz im Gegenteil. Es herrscht eine erfrischende, witzig und humorvolle und natürlich auch spannende Grundstimmung. Es erinnerte mich ein wenig an Tom Sawyer, wer diesen mochte, wird auch die Geschichte von Stanley lieben.

Von Landsdales Schreibstil bin ich überaus angetan. Er schreibt sehr stimmungsvoll und kann sehr lebendige Dialoge verfassen, so dass man sich als Leser ganz an der Seite der Protagonisten wähnt.

Der Roman hat mich sehr begeistert. Mein erster Landsdale - und sicher nicht mein letzter. Ich gebe eine klare Leseempfehlung.