Rezension

Einfach nur "wunder"voll! Unbedingt lesen!

Wunder - R. J. Palacio

Wunder
von R. J. Palacio

Bewertet mit 5 Sternen

Schon von Geburt an ist August mit einem entstellten Gesicht gezeichnet. Er hat viele Operationen hinter sich, die ihm ein normaleres Leben ermöglichen sollten. Seine Lage hat sich verbessert, er muss aber noch immer mit den Blicken und Ablehnung seiner Mitmenschen leben. Als er 10 Jahre alt wird, bieten ihm seine Eltern die Chance, auf eine ganz normale Schule zu gehen. Mit ganz normalen Kindern. Sehnlichst wünscht sich August, ein ganz normaler unauffälliger Junge zu sein. August weiß, dass seine Mitschüler ihn mit ihren Blicken und Aussagen nicht absichtlich verletzten wollen. Sie sind nur unsicher. 
Mit Mut und Stärke stellt er sich der neuen Situation. Und dabei wächst nicht nur er über sich hinaus, sondern auch seine Mitmenschen.

Mein Eindruck
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"Ich heiße übrigens August. Ich werde nicht beschreiben, wie ich aussehe. Was immer ihr euch vorstellt - es ist schlimmer!" Palacio, Wunder, S. 10.

Was habe ich mich vor diesem Buch gefürchtet. Ein kleiner Junge, so furchtbar entstellt, dass selbst erwachsene Menschen ihre Überraschung und Entsetzen seines Anblicks nicht verbergen können. August ist das mittlerweile gewöhnt, er glaubt, damit umgehen zu können. Doch eine Schule mit ganz normalen Kindern zu besuchen, ist noch einmal ein ganz anderes Kaliber.

Zunächst ist das Buch aus Augusts Sicht geschrieben. Ich weiß nicht, wie es die Autorin geschafft hat, aber man nimmt ihr die Erzählsicht voll und ganz ab! August ist ein kleiner Junge, der ganz normal sein möchte, aber durch sein Aussehen immer den Blicken seiner Mitmenschen ausgesetzt sein wird. Es bricht einem das Herz zu lesen, dass er jahrelang überall mit einem Astronautenhelm herumgelaufen ist, nur um nicht aufzufallen. Denn die Menschen fanden es weitaus gewöhnlicher, einen kleinen Jungen mit Helm auf dem Kopf, als ihn mit seinem (wahren) entstellten Gesicht zu sehen. Genauso lässt einen schlucken, weshalb er Halloween so liebt. An Halloween darf jeder eine Maske tragen, auch August wird dann zu einem ganz normalen Kind. Nur an diesem Tag wird er so wahrgenommen, wie jeder andere auch.

Man könnte meinen, die Geschichte triefe nur so vor Selbstmitleid. Im Gegenteil August sprüht vor Charakter, Intelligenz und Humor. Er begreift alles um sich herum, schafft es aber darüber hinwegzusehen und sein Leben zu leben. Mal klappt es besser, mal schlechter. Als Leser fühlt man mit ihm, spürt die Ablehnung, spürt die Freude, sobald er richtige Freundschaft erfährt. Doch auch dabei gibt es Rückschläge. Jede Enttäuschung fühlt sich, wie eine eigene an. Selten habe ich bei einem Buch so mit der Hauptfigur mitgelebt und mitgefühlt. Augusts Geschichte berührte mich aus ganzem Herzen.

Meiner Meinung nach macht nicht nur August das Buch besonders. Im Verlauf wechseln die Erzählperspektiven, man erlebt auch die Sicht seiner Mitmenschen. Dadurch gewinnt das Buch erst richtig an Tiefe. Mit seinen verschiedenen Blickwinkeln, werden einen die Augen für Dinge geöffnet, die man sonst übersehen hätte. Nur eine einzige Perspektive fand ich nicht ganz so gelungen, da hat wohl auch das merkwürdige Schriftbild mitreingespielt (keine Groß- und Kleinschreibung).
Am eindrucksvollsten fand ich dagegen die Sicht von Augusts Schwester Via. Allein die Beschreibung, wie sie ihn sieht, wie sie ihn wahrnimmt und beschützt, wie eine Löwin. Auf der anderen Seite dreht sich in der Familie alles um August. Er braucht so viel Kraft und alle Aufmerksamkeit der Eltern, Via ist immer die zweite Geige. Doch das ist für sie so selbstverständlich, wie das Atmen. Aber manchmal, tut es auch weh.

"Wunder" beschreibt, wie Wunder wahr werden. Wie sich ein kleiner Junge großen Herausforderungen stellt und am Ende alle überrascht. Doch es geht nicht nur um ihn, auch seine Mitmenschen entwickeln sich weiter und wachsen über sich hinaus. Die einen früher, die anderen später. August schreckt auf dem ersten Blick ab, auf dem Zweiten schafft er es, mit viel Herz den Menschen näher zu bringen, der er ist. Man muss sich nur auf ihn einlassen. "Wunder" ist genauso einzigartig, wie seine Hauptfigur August Pullman.

Fazit
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Mir bleibt nur den Hut zu ziehen, vor einer wunderbaren Autorin, die die einfühlsamste Geschichte über einen kleinen Jungen geschrieben hat. Eine Geschichte, die den Leser tief im Herzen berührt und nicht mehr loslässt. Eine Geschichte, die sich nicht nur hinter August versteckt, sondern auch seine Mitmenschen mehr als nur verdient erstrahlen lässt. Nicht nur August hat viel zu lernen, auch seine Mitmenschen lernen von ihm und auch ein kleines Stück weit der Leser. Denn wenn dieser kleine Junge schier Unglaubliches schafft, sind alle Wunder möglich.