Rezension

Erschreckend realistisch

Es wird keine Helden geben - Anna Seidl

Es wird keine Helden geben
von Anna Seidl

Bewertet mit 4 Sternen

Keine Frage dieses Buch ist von der Thematik her nicht ganz einfach.
Bevor ich mich der Blogger-Aktion des Oetinger Verlags angeschlossen habe, habe ich mir ernsthaft überlegt, ob ich so was überhaupt lesen will. Ich bin dann aber zu dem Entschluss gekommen, dass das Thema irgendwie uns alle betrifft. Schließlich kann jeder von uns einmal durch einen unglücklichen Zufall davon betroffen sein.
Auch wenn Anna Seidl eine fiktive Geschichte erzählt, kann ich mir vorstellen, dass sie die Realität damit gut dargestellt hat.
Ihre Protagonistin Miriam muss mit 15 Jahren einen unglaublichen Schicksalsschlag hinnehmen. Sie erlebt hautnah einen Amoklauf an ihrer Schule bei dem ihr Freund Tobi tödlich verletzt wird und sie dem Mörder nur knapp selbst entkommen kann.
Im Anschluß an dieses Erlebnis, folgt ein Prozess der Bewältigung. Wie geht man mit so etwas um? Bekommt man die Bilder des Geschehens je wieder aus dem Kopf? Will man eigentlich mit einer solchen Erfahrung weiterleben oder kann man es überhaupt?
Am Rande habe ich schon so manche negative Kritik wahrgenommen bezüglich der Emotionalität und der Logik hinter dieser Geschichte.
Ich persönlich hatte auch mit einer herzzerreißenderen Geschichte gerechnet. Trotzdem bin ich nicht enttäuscht worden, denn die Geschichte ist auf eine andere Art und Weise aufwühlend.
Was für manche Leser vielleicht emotionslos wirken könnte, ist die andauernde Gleichgültigkeit der Protagonistin. Die erste Zeit nach dem Amoklauf, verschließt sie sich vor dem Rest der Welt und sich selbst. Ihr ist im wahrsten Sinne des Wortes alles scheißegal. Sie will sich damit nicht auseinandersetzten, weil es bedeuten würde, sich mit schwierigen Themen wie Schuld, Mobbing und vor allem Tod auseinandersetzten zu müssen.
Eine Weile hat der Leser das Gefühl Miriam hätte einfach aufgegeben zu leben. Aber ist es nicht irgendwo verständlich? Man entrinnt nur selbst knapp dem Tod, verliert seine erste Liebe ohne sich verabschieden zu können, hat Menschen die man kannte, qualvoll sterben sehen und nimmt noch am Rande wahr wie es einen selbst verändert hat.
Schritt für Schritt und mit Hilfe ihrer Familie fängt Miriam langsam an zu begreifen, dass ihr Leben trotz alldem weiter geht. Das es immer noch etwas gibt wofür es sich zu leben lohnt und das man irgendwann sogar sein Lächeln und die Freude am Leben wieder finden kann.
Dieser beschwerliche Weg wird zum Ende hin etwas lückenhaft und sprunghaft und da hätte ich mir doch etwas mehr Auseinandersetzung mit bestimmten Themen gewünscht um die Trauerbewältigung und Verarbeitung dieses Erlebnisses mehr zu untermauern.
Trotz allem bekommt man doch eine sehr bildliche Vorstellung was so ein Amoklauf mit allen Beteiligten anstellen kann und wo man eventuell gezielt Vorbeugen kann, das so etwas nicht passieren muss.
Fazit & Bewertung
Auch wenn das Erzählte nicht vollkommen rund und durchdacht ist, vermittelt es jedoch erschreckend realistisch, welch weitreichende Folgen eine Gewalttat mit sich zieht. Die Geschichte lässt einen mit Gewissheit nachdenklich zurück und regt an sich ernsthaft mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
4****