Rezension

Erst etwas langatmig, dann aber fesselnd und überzeugend!

zorneskalt - Colette McBeth

Zorneskalt
von Colette McBeth

Bewertet mit 4 Sternen

Kurzbeschreibung:

„Sie weiß alles von dir: deine beste Freundin. Und genau das macht sie so gefährlich ...“

Rachel Walsh, Kriminalreporterin des Nachrichtensenders National News Network, wird zu einer Pressekonferenz der Polizei in Brighton entsandt. Als sie den Konferenzraum betritt, sieht sie auf einem Poster neben dem Podium das Bild ihrer ältesten, besten Freundin vor sich: Clara O’Connor. Clara, mit der Rachel drei Tage zuvor in einer Bar verabredet, die dort jedoch nie aufgetaucht war …

Meinung:
„Zorneskalt“ ist auf jeden Fall ein Thriller, den ich so noch nicht gelesen habe. Das liegt vor allem an der besonderen Erzählform, da das ganze Buch als direkter und privater Brief von Rachel an ihre Freundin Clara verfasst ist. Dabei beleuchtet Rachel die aktuellen Ereignisse zum Verschwinden von Clara, streut aber zwischendurch immer mal wieder Rückblenden aus der Vergangenheit der beiden ein. So erfährt der Leser viel über ihre besondere Beziehung zueinander und merkt dann auch ziemlich schnell, dass in der Freundschaft nicht immer alles perfekt lief und es einige Höhen und Tiefen gab.

Diese Form des Briefes ist natürlich eine innovative Idee, die durch die direkte Ansprache dafür sorgt, dass sich der Leser hautnah dabei fühlt. Dennoch konnte mich die Art nicht vollkommen überzeugen, da sie die Wahl der Stilmittel doch etwas einschränkt und es auch irgendwie unglaubwürdig ist. Kein Mensch schreibt einen 384 Seiten langen Brief.

Während die Geschichte die erste Hälfte eher stark vor sich hin plätschert und ich schon manchmal versucht war ein paar Seiten nur oberflächlich zu überfliegen, nimmt die Spannung in der zweiten Hälfte rasant zu. Alle ausführlichen Erklärungen ergeben nun langsam einen Sinn und es wird immer deutlicher, wie stark der Roman mit Wahrheiten und Manipulationen spielt. Man wird in das geschickt geknüpfte Netz aus Liebe und Hass, Freundschaft und Feindschaft, Angst, Verzweiflung und Schuldzuweisung eingewebt und weiß bald selbst nicht mehr, wer das Opfer und wer der Täter ist. Bis zum Schluss werden immer wieder neue Schichten der Beziehung der beiden Freundinnen sichtbar, welche das Gesamtbild immer wieder über den Haufen werfen.

Auch das Ende selbst wirft nochmal Fragen auf, anstatt sie zu beantworten. Auch wenn ich eigentlich offene Enden nicht so gerne mag, muss ich sagen, dass ich es hier irgendwie passend finde. Es passt zu den ständigen Geheimnissen der Geschichte und auch dazu, dass man nie genau weiß, wie viel von dem was Rachel beschreibt wirklich der Wahrheit entspricht, oder was davon für eine gute Eigenwahrnehmung etwas abgewandelt wurde.

Selbst wenn der Schreibstil nicht wirklich hervorsticht, ist der Roman soweit ganz gut zu lesen. Doch was wirklich hervorsticht, sind die Charaktere und ihre Wandlung innerhalb der Geschichte. Rachel und Clara sind so tiefgründig, dass die Beschreibung selbst nur an der Oberfläche kratzt und der Leser noch viel Spielraum für eigene Charakteranalysen hat.

Fazit:
Wenn man die erste Hälfte mal überstanden hat, zieht einen „Zorneskalt“ in seinen Bann. Die Spannung steigt durch ständige Wendungen auf ein hohes Gesamtlevel an und man kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Es ist ein gut konstruiertes Spiel aus Wahrheit und Manipulation, bei dem alle menschlichen Gefühle eine Rolle spielen und die Charaktere tiefgründig wirken. So gibt’s, trotz des langatmigen Starts und der Unglaubwürdigkeit der gewählten Erzählform, 4 Sterne und eine Leseempfehlung für alle, die gerne Psychothriller lesen.