Rezension

Familienfest und andere Überraschungen

Mein Sommer mit Mémé - Elaine Briag

Mein Sommer mit Mémé
von Elaine Briag

Bewertet mit 5 Sternen

~~Als die Patriarchin der Familie, Großmutter Mémé eine Einladung ins Burgund nach Lys auf den alten Familiensitz, einem etwas heruntergekommenen Château, ausspricht, geht sie selbstverständlich davon aus, dass sämtliche Familienmitglieder auch ohne zu murren, dort anreisen, denn ihr 80. Geburtstag steht bevor. Allerdings hat Paula eigentlich ganz andere Pläne, denn sie wollte sich mit ihrem Verlobten Jakob, der als Arzt momentan noch in Kenia arbeitet, in Paris treffen, um ihre gemeinsame Verlobung zu feiern. Erst auf Drängen ihres Bruders Marcel lässt sie sich überreden, der sich ebenfalls mit seiner Frau Helen und Tochter Meike auf den Weg macht ebenso wie Mutter Claire. Kaum dort eingetroffen, kommen die ersten Unstimmigkeiten aufs Tablett. Und Mémé befeuert das Ganze noch mit ihren Renovierungsplänen für das Château, denn zum Arbeiten hatten alle die Reise eigentlich nicht angetreten. Nach und nach werden aber so einige Geheimnisse ausgepackt, die für einigen Gesprächsbedarf sorgen, sogar das Erbe, nämlich das Château, steht auf der Kippe. Ob sich die geheimen Wünsche aller Familienmitglieder innerhalb der Wochen ihres Aufenthalts erfüllen lassen und der Friede wieder hergestellt wird?
Elaine Briag hat mit ihrem Buch „Mein Sommer mit Mémé“ einen sehr unterhaltsamen Familienroman vor der herrlichen Kulisse des französischen Burgund vorgelegt, der schon allein mit den herrlichen Schilderungen der köstlichen Mahlzeiten und dem flüssigen Schreibstil verführt. Der Leser ist ruckzuck von französischem Flair umgeben, hat die Gerüche von sonnengereiften Tomaten, Thymian und vollmundigem Rotwein in der Nase und lässt sich durch die schön erzählte Handlung treiben. Die Landschaftsbeschreibungen sind ebenfalls sehr detailliert und wecken den Wunsch nach Urlaub in sonnigere Gefilde.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, der Leser hat bald das Gefühl, den einen oder anderen persönlich zu kennen, denn alle wirken sehr authentisch und lebendig. Paula ist Ende 30 und eine sehr selbständige Frau, die seit einigen Jahren eine Fernbeziehung pflegt. Sie liebt ihre Arbeit mit Antiquitäten und ist so gar nicht begeistert, dass sie ausgerechnet jetzt ins Burgund reisen soll. Sie liebt ihre Familie, jedoch mag sie es gar nicht, wenn man sie bevormundet. Bruder Marcel ist ein lieber Kerl, hat aber nicht nur familiäre Probleme, sondern vor allem berufliche, und hofft, dass etwas von dem Erbe auch an ihn fällt, um diese Probleme in den Griff zu bekommen. Seine Ehefrau Helen ist eine Art Vorzeigeehefrau, allerdings wirkt sie oft neben der Spur, dabei ist sie unglücklich mit ihrem Leben und weiß nicht wirklich, wie sie aus der Misere herauskommen soll. Kein Wunder, dass Tochter Meike so ganz aus der Art schlägt und alles und jeden provoziert mit ihrem Aussehen und mit ihren Antworten. Großmutter Mémé ist ein „Einzelstück“, sie ist resolut, wirkt oftmals herrisch und zu Beginn wenig sympathisch. Doch sie hat eine Gabe, denn sie besitzt Lebenserfahrung und weiß oft schon vorher, was ihren Lieben fehlt und was sie sich wünschen. Sie ist organisiert und hat so ihre Familie sehr gut im Griff. Auch die Nebenprotagonisten, die nicht zur Familie gehören, tragen mit ihren kleinen Nebengeschichten und Episoden zur Unterhaltung und Untermalung der Handlung bei.
„Mein Sommer mit Mémé“ ist ein warmherziger und sehr liebevoll erzählter Familienroman um Liebe, geplatzte Träume, verborgene Wünsche und wiedergefundene Vergangenheit, wobei er auch durch den Magen geht, denn die geschilderten Köstlichkeiten lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen und den Magen knurren. Alle, die sich in diesen dunklen Wintertagen ein wenig Sommerflair ins Herz holen wollen, werden diesen Roman lieben. Absolute Leseempfehlung!