Rezension

Gefühlvoll kitschige Geschichte über den Holocaust

Solange am Himmel Sterne stehen
von Kristin Harmel

Hope McKenna ist 36 und arbeitet täglich in der familieneigenen Bäckerei in Cape Cod, die leider kurz vor dem Bankrott steht. Ihr Mann und sie haben sich scheiden lassen und als wären das nicht schon genügend aufgewirbelte Gefühle und Gedanken die Hope gerne verdrängen würde, ist ihre Tochter Annie seitdem nicht mehr besonders gut auf sie zu sprechen. Ihre Mutter starb ein Jahr zuvor an Krebs und ihre geliebte Großmutter lebt seit einiger Zeit in einem betreutem Wohnen, da sie an Alszheimer erkrankt ist.
An einem Abend als Rose besonders klar ist und sie sich dessen auch bewusst ist, gibt sie Rose und ihrer Urenkelin Anni eine Liste mit Namen und einen Scheck. Sie will, dass Hope nach Paris fliegt und diese Namen findet, die Leute dazu findet, die Geschichte dazu findet. Hope wehrt sich erst dagegen, schon wegen der ganzen Belastungen die auf ihrer Seele liegen, fliegt dann aber doch. In Paris entdeckt sie nicht nur ihre wahre Familiengeschichte, sondern auch die Geschichte der Vergangenheit ihrer eigentlich jüdischen Großmutter und die einer unglaublichen Liebe. Und ebenso entdeckt Hope durch diese Reise in die Vergangenheit sich selbst.

Das Buch beginnt mit einem recht deprimierenden Anfang der Generationen übergreifend wirkt. Die ersten Kapitel geben einen guten ersten Einblick in das Leben der drei Frauen und ihre Gedanken und Gefühle.
Die meiste Zeit wird aus Sicht von Hope erzählt, in der Ich-Perspektive. Und Hope ist besonders am Anfang alles andere als ein sehr positiver Mensch. Beim Lesen bekommt man ein wirklich gutes Gefühl für den inneren Zwiespalt und den Druck unter dem Hope steht. All die Vorwürfe die sie sich macht und auch die Ansprüche sich selbst gegenüber sind gut ausgearbeitet.

Einige Kapitel sind aus Roses Sicht erzählt, im personalen Er-Erzähler. Diese Kapitel geben wirklich einen guten Aufschluss darüber was in der Vergangenheit passiert ist und obwohl es keine Ich-Perspektive ist hat man die ganze Zeit das Gefühl Roses Gedanken und Gefühle mitzuerleben, sie gehen einem wirklich unter die Haut. Egal ob in der Gegenwart ihre Gedanken über die Vergangenheit und die Erkrankung oder die Rückblenden in die Zeit von Paris 1942.
Die Kapitel von Rose bringen dem Leser den Aspekt der Alzheimererkrankung näher, ohne gleich total ernüchtern zu wirken. Das folgende Zitat habe ich selber schon persönlich erlebt, denn meine Oma litt auch unter Alzheimer und erzählte mir mal eine ähnliche Anekdote über ihre Gedanken zu der Erkrankung, an einem Tag als sie ganz klar war.

>>Rose versuchte angestrengt, sich zu erinner. “Aber ja, das hatte ich”, beeilte sie sich zu sagen, denn die Schwester schien sich sicher zu sein, und sie wollte natürlich nicht, dass irgendwer erfuhr, dass sie dabei war ihr Gedächtnis zu verlieren. << S.150

Die geschichtlichen Hintergründe des Buches sind gut recherchiert und wundervoll eingeflochten in die Suche von Hope nach den wirklichen Geschichten die hinter den Namen auf der Liste ihrer Großmutter stecken. Eigentlich gibt es überhaupt nichts zu meckern bei diesem Buch. Ok, am Ende wirkt es eventuell ein wenig zu perfekt kitschig. Auf der anderen Seite passt es genau zu dem, was die Geschichte uns vermitteln möchte. In der Liebe ist nichts unmöglich.

>>Ich hätte es nicht geglaubt, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Aber es war vom ersten Augenblick an, als hätten sie die andere Hälfte ihrer Seelen gefunden.<< S.211

Fazit: Ein Roman der einen wirklich ergriffen und mit dem Kopf voller Gedanken zur eigenen Familie und der Vergangenheit zurücklassen kann. Eine wundervolle Reflexion der stillen Helden der damaligen Zeit, die zudem noch vermittelt, dass alle Religionen irgendwann einmal gar nicht so verschieden waren. Das Buch ist voller Romantik und schöner Gedanken trotz der traurigen Geschichte und Ereignisse.
Zusatz: Mich persönlich hat der Roman mehr als nur angesprochen und mitgenommen. Meine Oma hatte ebenfalls Alzheimer und als eine der wenigen meiner Generation hatte ich noch Urgroßeltern die mir persönlich von der damaligen Zeit und den Zuständen erzählen konnten. Es hat mir Stunden voller Tränen und einem beklemmendem Gefühl in der Brust genauso gebracht wie hachschön Seufzer und schmunzelnde Momente.