Rezension

Großartig komponierter Thriller, nicht nur für Freunde des Blues und Gitarrenliebhaber wärmstens zu empfehlen.

Vintage
von Grégoire Hervier

Bewertet mit 5 Sternen

Story, Figurenentwicklung, Spannung und musikalische Background-Information: Hier stimmt einfach alles!

Der dritte Roman von Grégoire Hervier, geboren in der beschaulichen Kleinstadt Villeneuve-Saint-Georges am Rande von Paris, ist für mich eine grandiose Entdeckung. Rund um die legendäre Gibson-Gitarre »Moderne«, vor der niemand wirklich weiß, ob Ende der 50er-Jahre wirklich ein Prototyp gebaut wurde, entwickelte er einen famosen Thriller über 400 Seiten, die einen fesseln, von der ersten bis zur letzten Gitarren-Saite.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gibson_Moderne
 
Worin besteht das Geheimnis dieses Schriftstellers? Er schreibt in der Ich-Form, sein Held ist Musikjournalist und arbeitet zur Aushilfe in einem Pariser Musikgeschäft mit angeschlossener Werkstatt. Anstatt mit Fachwissen zu erschlagen, führt Grégoire  Hervier uns Leser ganz unprätentiös in die Welt der Gitarrenliebhaber ein, lässt die Saiten erklingen. Buchseite und Buchseite ein exzellenter Pageturner, der am Ende jedes überschaubaren Kapitels mit dezentem Pageturner zum Weiterlesen verlockt.

Sicherlich, es gibt grässliche Schocker und Morde in diesem Buch, schließlich ist es ein Thriller. Und der Autor spart auch nicht mit Gesellschaftskritik. Satire wird bei ihm großgeschrieben. Darüber hinaus ist »Vintage« streckenweise eine akademisch-historische Abhandlung über die Geschichte des Blues vom Memphis bis zum Mississippi-Delta. Und es zeigt, wie man elektrische Gitarren herstellt, wie man die stimmt, ihrem Klang mit elektrischen Verstärkern und einer Vielzahl zusätzlicher Tools moduliert, verfeinert und verzerrt – bis einem buchstäblich die Ohren rausfliegen beim Lesen dieses von Diogenes wie gehabt in hoher Qualität und zugleich handlichem Format veröffentlichten Werks.

Die Kunst des Autors? Ein Geheimnis, genau wie die von ihm erfundene Geschichte rund um den legendären Prototyp der Gibson-Moderne. Vielleicht spielt eine Rolle, dass der Witz des Erzählers niemals gestelzt wirkt, dass selbst die abartigsten Figuren der Erzählung derart liebevoll geschildert werden, dass es eine Freude ist. Und ganz sicherlich gehört es zu den Geheimnissen des Autors, stets den Leser im Blick zu haben.

»Vintage«, ein Roman über die Welt der Blues-Musik, den man gelesen haben muss, der sich wunderbar als Geburtstags-, Urlaubs- oder Weihnachtsgeschichte eignet. Empfehlenswert!