Rezension

Gurchgewirbelte Schulzeit

Das Geheimnis des Nebels - Pia Hepke

Das Geheimnis des Nebels
von Pia Hepke

Bewertet mit 3 Sternen

"Wieso eigentlich immer ich?"

Das ist bestimmt nur Zufall. Als ich zarte 15 Jahre alt war und auf eine Ganztagsschule mit Mensa ging und die Jungs der Parallelklasse irgendwie geheimnisvoll und anziehend gewirkt haben, galt meine größte Leidenschaft ebenfalls dem Zeichnen und Malen. Und ich konnte mit offenen Augen träumend durch die Gegend spazieren. Zum Beispiel auf dem Schulweg, bei dem ich allerorten Mythenwesen und Sagengestalten, naturlement- auch Drachen, gesehen habe. Und manchmal auch Science Fiction Raumschiffe die geformt waren wie stählerne Rochen. Und immer tauchten sie einfach auf, dann führten sie einen Kampf gegen irgendwen und ich stellte mir vor, wieso ausgerechnet ICH da mitten hinein gezogen wurde. So ähnlich scheint es auch Pia Hepke der Autorin von ‚Das Geheimnis im Nebel‘ ergangen zu sein. Denn sie beschreibt genau jenes Mädchen, das ich vor einem gefühlten halben Leben hätte gewesen sein könnte. Allerdings war ich vorlauter und frecher und der Kelch des ständigen Verliebt seins, ist auch hinter meinem Rücken weiter gereicht worden.

Jedoch wie die Protagonistin Diana Weiß in diesem Buch, konnte ich mit Mathe nicht viel anfangen und keines meiner unzähligen erdachten Abenteuer wurden je bei einem Spaziergang durch den Wald Realität. Ich bin froh, dass Frau Hepke- nicht wie ich- eines dieser Traumgebilde ausgeschrieben hat. Diese Ähnlichkeiten haben dem Werk bei mir viele Pluspunkte eingebracht. Allerdings gab es auch allerhand Abzüge, auf die ich noch zu Sprechen komme. Erst einmal, möchte ich aber Gwynny von Gwynnys Lesezauber danken, die auf ihrem noch recht jungen Blog eine Ausgabe dieses Werkes verlost hat und zu deren Gewinnern ich mich zählen darf. Dankö.
 

"Wie eine Schar Enten dackelten wir hinter den Lehrern her,
von denen wir hofften, dass sie wussten, wo es lang ging."

Fangen wir einfach mal gleich an mit dem was meinen zügigen Lesefluß gestört hat. Durch meine anderen Rezis ist ja vielleicht schon bekannt, das mir die ‚Ich- Perspektive‘ nicht so liegt und dieser Roman könnte beispielhaft dafür stehen warum nicht. Denn oftmals wechseln wir von Hauptakteurin ‚Di‘ zu Adrian, der dann kursiv und aus der dritten Person singular erzählt. Manchmal wenn Di sogar dabei steht und dann ebenfalls in diesem Stil ihre Mimik, Gestik und sogar ihre Gedanken oder Gefühle kurz erwähnt werden. Entweder, oder- ich denke da sollte man einfach konsequent in einer Sicht bleiben. Vor allem, wenn man zwischen den Perspektiven munter im laufenden Text wechselt. Weiters konnte ich oftmals nur entsetzt nach Luft schnappen, wenn ich das Gefühl hatte, das mir einfach schlichtweg ein Absatz fehlte. Man darf sich ruhig trauen, wenn die Szene wechselt oder ein Zeitsprung von mehrere Stunden gemacht wird eine leere Zeile optisch einzufügen. Sonst bekommt mein Gehirn nämlich Schluckauf und das bedeutet dann, dass ich die letzten Sätze noch mal lesen muss um sie auseinander zu halten und das ärgert mich. Im Vorfeld wurde ich auf ’Schachtelsätze’ hingewiesen, die in diesem Roman auftauchen würden, das muss ich aus meiner Sicht negieren. Wenn da für andere Leser Schachtelsätze waren, dann waren sie MIR noch nicht lang genug und eine Frequenz von mehr als Drei Vier Kommata habe ich auch nicht gefunden.

Alles in allem ist es eine sehr ausgeglichene Schreibweise mit viel Hang zum Detail und teilweise sogar unnötigen Handlungsbeschreibungen. Was aber wirklich noch verfeinert werden muss ist das Wiederholen. Ich weise hier mal auf Kapitel 15 hin, in dem Adrian beschrieben wird, weil es ihm (sagen wir in Kürze nicht so gut geht), das les ich dann über eine ganze Seite hinweg: „Es geht ihm nicht gut,… er sieht schlecht aus… und hab’ ich schon erwähnt das er deutliche Ringe unter den Augen hat weil er nich so gut drauf ist?" (Das war jetzt kein Zitat!) Außerdem vermisse ich ganz gern mal die täglichen Handgriffe in anderen Romanen, wie das Zähneputzen oder das zur Toilette gehen, hier aber fragte ich mich (auf der Klassenfahrt): ’So waren auch wirklich alle noch mal auf dem Klo jetzt vor’m zu Bett gehen?’

Und das waren auch schon meine größten Kritiken, hier kann man noch viel üben und schleifen um die Sache rund zu machen, zeitweilig hatte ich beim Lesen nämlich einfach das Gefühl, dass ich absichtlich aufgehalten werde und die Handlung unnötig gestreckt wird. Zur Handlung an sich. Wir beginnen mit einer Lichtung im Wald, die immer mal wieder frequentiert wird. Wie der Titel schon verrät und damit auch nicht geizt, wir haben viel Nebel. Stellt euch ein typisches Computerspiel vor, bei dem ihr immer mal weiter um eurer Hauptdorf in den Wald geht und die Karte nach und nach aufdeckt. Das trifft den Stil dieses Werkes ganz gut. Denn das im Garten von Dianas Haus Apfelbäume stehen hab’ ich erst ziemlich gegen Ende mitbekommen, als ob um jenen Garten vorher der Nebel lag. Der garstige verhüllende Dampf stammt von Adrian, dem hübschen Blonden- bei dem noch nicht ganz klar ist, ob er seine Haare nicht doch färbt. Ich befürchte aber er würde das ohnehin nie zugeben, selbst wenn es so wäre, denn der Jugendliche gibt sich ziemlich zugeknöpft und abweisend. Was jetzt auch nichts ungewöhnliches für pubertierende Jungs ist, oder? Tja nur das der junge Mann mit den charakteristischen grünen Augen eben keine 17 mehr ist. Oder noch oder wieder, je nach Sichtweise.
 

"Das Leben war wahrhaftig nicht einfach."

Diana bekommt den mysteriösen Mann zum ersten Mal am Ende der Osterferien zu Gesicht (im Nebel) und kurz drauf wird er eingeführt als neuer Schüler der Parallelklasse. 46 Schüler und 3 Lehrer machen sich nach einer Schulwoche in der die Clique rund um Diana vorgestellt wird auf zur Klassenfahrt. Hier hätte ich mir dann doch gewünscht zu wissen wohin es denn nun ging. Dis furchtbare beste Freundin Janina ist total in Jay verschossen, der sich in der Zwischenzeit mit Adrian angefreundet hat. Und wie das eben damals so war auf Klassenfahrt, nutzt man als SchülerIn die Chance dem Schwarm näher zu kommen. Allerdings wäre ich nicht halb so geduldig gewesen mit den Maßnahmen die Janina ergreift zu dem Zweck, wie Diana es ist. Es passiert dann auch ein Beinah- Unglück an einem See in dem Baden verboten ist. Und ein weiteres Rätsel taucht auf (obwohl Diana nicht mal damit hinterher gekommen ist das um das Nebel zu lichten.) Ein Feuer bricht im Wald nahe der Herberge aus. Der Ausflug wird verfrüht abgebrochen. Danach geht es in der Schule weiter. Es werden ein paar Wochen beschrieben alles in allem bis Christi Himmelfahrt und Jays Geburtstagsfeier.
 

"Zu dumm, dass es keine Gebrauchsanleitung dafür gab(...)"

Und trotz dem Bemühen von Adrians älterem Bruders Jason, gibt es immer und immer mehr Geheimnisse und Rätsel. „Da wartet nämlich eine kleine Aufgabe auf mich und die sollte ich nicht zu lange vor mir herschieben, ansonsten könnte es passieren, dass sie etwas in Brand setzt.“ (Kap 15)
Wieso stößt Jason bei Diana in ihren Erinnerungen auf eine Fertigmauer? Wieso hat Taran sein Feuer nicht unter Kontrolle? Was war bei den drei Brüdern in der Familiengeschichte schief gegangen? Warum stellt Adrian sich so an? Wieso küssen die sich nicht wenigstens einmal? Wieso ist Diana so fürchterlich geduldig und gibt sich dann doch immer selbst die Schuld an allem und wieso erschöpft sie das immer alles so? Wer ist eigentlich Dianas Vater? Wer wird Nils nächste Freundin? Wann kommt Leilas Super Fähigkeit zur Anwendung? Mit wem is Ben eigentlich zusammen? Hätte ich ein grünes Feuerzeug? Was ist ein ‚Frostködel‘?

Wie ich finde, spürt man deutlich, dass die Geschichte ursprünglich jünger als 17 angesiedelt war. Es geht aus dem Text leider nicht hervor, in welche Klasse die Mädchen und Jungs gehen, aber vom Verhalten her, würde ich sie instinktiv eher in die 9. denn die 11. stecken. Bei der 10. wäre wohl eindeutig darauf hin gewiesen worden, dass es sich bei der Klassenfahrt um die Abschlußfahrt handeln würde. Ich hatte ein wenig das Gefühl, dass das nachträglich etwas angehoben wurde das Alter.
Denn ein Paar waren wir definitiv nicht, oder vielleicht doch? Vielleicht waren wir es ja doch und hatten es nur versäumt dem einen Namen zu geben?“ (Kap 16) DAS kenn ich nur zu gut.
 

Fazit:

Wer wie die Autorin und ich sich mal wieder zurück in die melodramatische Schulzeit zurück versetzen möchte, wohlgemerkt in den deutschen Schulalltag, der ist hier richtig und kann sich gleich mit in den Klassenraum setzen. Es ist jedoch eine Geschichte bei der wirklich viel im Unklaren bleibt und mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet werden und alles in allem sich das mehr nach einem Prolog anfühlt, als der eigentlichen Geschichte. Viel Alltagsleben, ein bisschen Romanze, bedeutungsvolle Träume, nervige Freunde, allerhand Andeutungen, kaum Spannung, wenig aber dafür gut platzierter Witz, viel Wiedererkennungswert und der richtig dosierte Schuß Stimmen und Gestaltwandlermythos um ein ganz normales, langweiliges, ruhiges Leben durcheinander zu wirbeln.

Ich bin ja nich so erpicht auf diese lange Leben und irgendwie sehnt sich wohl auch Adrian mehr nach einem Normalen. Ich frage mich wie oft er schon denselben Stoff durchgekaut hat bei ihren vielen Wohnortwechseln. Er spricht immer von Last, Verantwortung, Schuld, man könnte glauben Drache zu sein wäre mehr ein Fluch denn ein Geheimnis das es unter allen Umständen zu wahren gilt. Ich finde es aber gut, das er seinen Bruder aufrichtig liebt und der ihn darin bestärkt neue moderne Wege zu gehen und dem vergreisten Drachenrat geflissentlich mal den Stinkefinger zu zeigen. Wirklich cool wäre es, wenn aus Adrian und Diana gar nichts wird und sie am Ende mit Taran zusammen kommt oder sich noch ganz andere Wege entwickeln, denn eins ist klar, der Mehrteiler wird wohl noch viel Ärger beinhalten. Geheimnisse sind nicht umsonst geheim und Menschen und Geheimnisse… das ist doch absehbar das das nicht gut gehen wird, vor allem, wenn Di unter Alkoholeinfluß anfängt zu plappern.

Ein Urteil mit Pusteblume- Pirouette

Tipp: Interview mit Jason über Pia ,
Dank: An Gwynnys Lesezauber und den Lostopf