Rezension

Gut bis kurz vor perfekt

Die Falle - Melanie Raabe

Die Falle
von Melanie Raabe

Bewertet mit 4.5 Sternen

"Die Falle", der erste Roman, den ich bislang von Melanie Raabe gelesen habe und bei dem es sich ohnehin um das Debüt der Autorin handelte, überzeugte mich insofern als dass ich sicherlich auch ein Auge auf weitere Werke Raabes haben werde.

So viel Positives hatte ich bereits über "Die Falle" vernommen, dass mich die begeisterten Stimmen überzeugten, dieses Buch auch unbedingt einmal lesen zu wollen, zumal mich auch die Kurzbeschreibung gleich angesprochen hatte; doch ich blieb weiter ein wenig skeptisch: Immerhin erzählt "Die Falle" (übrigens aus ihrer Perspektive heraus) die Geschichte der bekannten und auch bei Kritikern beliebten Autorin Linda, die seit mehr als 10 Jahren ihr Haus nicht verlassen hat. Dereinst hatte sie nicht nur die Leiche ihrer ermordeten Schwester vorgefunden, sondern auch dem Mörder vor seiner Flucht direkt ins Gesicht sehen können; von Panikattacken und schweren Ängsten geplagt verschanzt sie sich seither, aber als sie in einem journalistischen Beitrag den Mörder ihrer Schwester wiederzuerkennen glaubt, beschliesst sie, diesem eine "Falle" zu stellen, ihm ein Geständnis zu entlocken und die Hintergründe der Ermordung ihrer scheinbar doch so perfekten Schwester zu erfahren ... 
Da dachte ich eingangs noch: "Wie soll das funktionieren, wenn sie das Haus nicht verlässt? Den Mörder einfach auf Kaffee und Kuchen und ein Geständnis einladen?" Nun ja, mit schriftstellerischer Raffinesse vorgehend liess Linda mich doch schnell davon überzeugt sein, dass ihr gemachter Plan tatsächlich Hand und Fuss hatte - wenn ich persönlich es auch ein wenig dämlich fand, dass sie derart auf eigene Faust ermittelte, da meinte ich doch eine gewisse Lebensmüdigkeit ausmachen zu können.
Weiterhin zweifelte ich ein wenig  an der Spannungsfähigkeit der Handlung: Ein Thriller, der wahrscheinlich komplett in der heimischen Villa der Hauptfigur spielen würde? Könnte das nicht entweder nur langweilig sein oder lediglich ein allzu übertrieben dargestelltes Katz-und-Maus-Spiel zwischen Linda und Mörder quer durch alle Stockwerke und Räume?
Aber auch diese meinerseitigen Überlegungen erwiesen sich als überflüssig: Tatsächlich schilderte die Hauptfigur Linda das Geschehen so eindringlich, dass ich nahezu vergass, dass sie sich räumlich nur sehr eingeschränkt bewegte. 

In der Mitte des Romans meinte ich dann aber doch einen Durchhänger in der Geschichte ausmachen zu können, der letztlich aber wie der Anlauf vor einem Sprint wirkte, aber hier hatte ich zunächst den Eindruck, dass Linda just einfach nur spekulieren und sich Dinge ausmalen anstatt tatsächlich zu agieren würde; hier verlor sie sich für mich kurzzeitig etwas zu sehr in ihren gedanklichen Ausschweifungen, doch das ging vorüber - und plötzlich kamen Zweifel auf, ob der vermeintliche Mörder tatsächlich der Mörder war und ob Linda ihn überhaupt wirklich gesehen hatte. Irgendwie schien plötzlich, was den Tod der Schwester anging, alles möglich gewesen zu sein ebenso wie es längst nicht mehr so unwahrscheinlch schien, dass Lindas Plan völlig nach hinten losgehen würde. 
Da kam für mich eine ungemeine Spannung auf, die mich die weitere Geschichte äusserst gebannt verfolgen liess: Leider fiel das Ende doch wiederum etwas hektischer und dramatischer, auch von Hinterlist geprägt, aus und der Schluss kam mir einfach grad im Vergleich zur eher langsam vorangeschrittenen Einführung in die Geschichte etwas zu schnell, auch wenn ich ihn authentisch und absolut glaubwürdig empfand, aber da war mir "Die Falle" irgendwie doch plötzlich zu schnell vorbei, hier fehlten mir wiederum also ein paar gedankliche Ausschweifungen. 

Insgesamt hat mich "Die Falle" aber doch sehr begeistert; für mich definitiv mal wieder ein hervorragender, wenn auch nicht ganz perfekter Thriller aus den Reihen der deutschsprachigen Autoren!