Rezension

Spannendes und tolles Debüt ...

Die Falle - Melanie Raabe

Die Falle
von Melanie Raabe

Bewertet mit 5 Sternen

Linda hat sich in ihre Welt zurückgezogen, mit Büchern und Bildbänden ist sie von zu Hause aus nach Italien gereist und wacht doch plötzlich in ihren eigenem Bett auf und der Fernseher läuft. Verschlafen mit zugeklebten Augen registriert sie die Nachrichtensendung und erlebt einen Schock. Ihre Welt bricht in tausend Scherben und sie wünscht sich nichts sehnlichster, als aus diesem Albtraum aufzuwachen. Linda ist Schriftstellerin und hat ihr Haus seit über 11 Jahren nicht verlassen, seit sie ihre Schwester in einem Blutbad gefunden hat und den Mörder in die Augen sah. Der Mord ist immer noch ungeklärt und der Mörder läuft immer noch frei herum, aber jetzt hat er auch einen Namen. Linda ist entschlossen diesen Mann zu stellen und überlegt sich eine Falle und was könnte eine Schriftstellerin Besseres tun, als ein Buch über den Mord zu schreiben? Wird sie ihn anlocken können? Hat sie den Richtigen an der Angel? Und was ist damals wirklich passiert? 

Dieses Buch ist mir damals bei den Verlagsvorschauen entschlüpft und erst auf der Leipziger Buchmesse so richtig ins Auge gefallen. Dabei kann ich mir gar nicht verstehen, wieso, es ist genau mein Fall und ich mag solche Psycho-Thriller unheimlich gern, dann ist die Autorin auch noch so sympathisch, dass meine Neugier einfach gestillt werden musste. Kaum hatte ich das Buch in den Händen und schon war es ausgelesen, was für ein Thriller! Spricht doch schon allein für sich, oder? Aber ihr bekommt auch noch ein bisschen mehr zu lesen.
Wir lernen natürlich zuerst Linda Conrads in ihrem Haus kennen. Wie sie darin lebt, wie sie sich von ihrem Umfeld abschottet, wie sie arbeitet, wie es ihr geht und ihr geht es nicht gut. Immer wieder hat sie Panikattacken und Schockmomente, die Angst verrückt zu werden, trägt sie ständig mit sich rum und auch sich alles nur einzubilden. Besuch bekommt sie nur recht wenig und zu vielen Menschen hat sie auch gar keinen Kontakt, es ist überschaubar und fast an einer Hand ab zählbar. Diese Stimmung fängt Melanie Raabe unglaublich gut ein und ihre gewählten Worte sind extrem spürbar und man erlebt diese Enge und diese grenzenlose Einsamkeit fast selber mit.
Eigentlich ist der Grundrahmen für die Geschichte jetzt nicht spektakulär und es haut einen auch nicht um, aber was die Autorin daraus macht und wie sie uns an die Geschichte ran führt, ist unglaublich gut gemacht. Ihr Spiel mit uns und ihren Figuren ist überaus gut gelungen, wir stecken immer in der Schwebe fest, wissen selbst nicht recht was wir glauben können und was ist vielleicht doch der Fantasy einer Autorin entsprungen. Dabei erzählt sie geschickt und mit viel Fingerspitzengefühl und lässt uns eine wilde Achterbahn der Ungewissheit fahren. Was mir besonders gut gefallen hat, ist der Aufbau der Geschichte, nachdem sich Linda entschieden hat, über den Mord an ihrer Schwester zuschreiben, bekommen wir daraus immer ein Kapitel zwischen durchzulesen, so erfahren wir nicht nur alles über den Mord, sondern auch wie es danach mit Linda weiterging. Diese Zwischenpassagen fand ich so gut gemacht, dass ich das Buch einfach gar nicht weglegen wollte. Diese Geschichte entwickelt beim Lesen so einen Sog, das man sich einfach die Zeit dafür nehmen muss. Ein kleines Manko hatte es aber leider dann doch, bei dem starken Anfang und diesen großartigen Mittelteil, war mir das Ende zu einfach und ein wenig zu seicht. Das ich damit aber gut leben kann, ist dem unbeschreiblich tollen Lesevergnügen zu verdanken.
Melanie Raabe hat hier ein ganz besonders Debüt geschaffen, was mich von der ersten Seite an hatte. Mit ihrem fantastischen Schreibstil, der Gefühle und die Atmosphäre so wunderbar einfängt und uns darin wandeln lässt. Ihr Talent, Spannung aufzubauen und ihre Figuren einen so nah zubringen und dabei einen solchen Sog zu erschaffen ist eine absolute Leseempfehlung. Bitte mehr von solch kleinen großen Geschichten.