Rezension

Keine Unterhaltung!

EVIL
von Jack Ketchum

Bewertet mit 4.5 Sternen

Diese Geschichte ist keine Unterhaltung. In guter Stephen King Manier (wobei ich nicht weiß, wer hier von wem abgeschaut hat) entwickelt sich das Buch von einer romantischen Kleinstadterzählung hin zu einer furchtbaren Welt in der sämtliche auftauchenden Charaktere sehr plastisch skizziert sind. Je länger die Story dauert umso mehr steigt in einem die Hoffnung, das alles hoffentlich bald zu ende ist. Aber die Verzweiflung will keinen Schluss finden.

Ich kann mich nicht daran erinnern, ein derart grausames Buch gelesen zu haben. Aber, es ist ein wichtiges Buch. Selten wurden dynamische Gruppenprozesse und soziale Vorgaben und Variationsmöglichkeiten so eindrücklich dargestellt und beleuchtet. Ob es nun Absicht des Autors war oder nicht: er hält unserer Gesellschaft durch ihr Handeln und Tun, das darauf bedacht ist eher wegzuschauen oder mitzuschwimmen, einen Spiegel vor. Allerdings möchte ich seinem Ergebnis: „es ist nur wichtig, was man zum Schluss macht“ nicht entsprechen.

Den Titel „Evil“, der wohl dem deutschen Verlagshaus eingefallen ist, empfinde ich ein wenig unglücklich, da damit eher geisterhafte statt innere Dämonen assoziiert werden. „The girl next door“ ist um einiges passender und gibt dem Thema Missbrauch die Breite die eigentlich von Nöten ist.

Beim durchklicken durch die eine oder andere Rezension ist mir aufgefallen, dass die dargestellte Gewalt schon oft zum „weglegen“ des Buches geführt hat. Sicher kann man lange und trefflich darüber diskutieren, ob Missbrauch in dieser Form erzählt werden muss. Ich denke: ja. Alleine um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass das Unfassbare des Autors wohl sehr nahe an den Maßstab des Realen und Greifbaren gelegt wurde.

Eine Empfehlung auszusprechen ist bei „Evil“ recht schwer weil: diese Geschichte ist keine Unterhaltung!