Rezension

Sehr fesselnder und dramatischer Roman um alte Familiengeheimnisse

Die Kirschvilla - Hanna Caspian

Die Kirschvilla
von Hanna Caspian

Bewertet mit 5 Sternen

Isabell ist in den Dreißigern und ein eher unsteter Mensch. Sie lebt in Berlin und unterrichtet in einer Tanzschule. Sie liebt das Reisen und ferne Länder, hat aber eigentlich nie eine feste Bleibe, wo sie wirklich Wurzeln schlagen könnte. Bis auf ein paar gute Freunde, die verstreut leben, hat sie keine festen Bindungen. Ihre Beziehungen halten auch nie sehr lange und an Familie hat sie nur ihre betagte Großmutter Pauline, die in Königswinter in einer Seniorenresidenz lebt.

Als Isabell die Bitte ihrer Großmutter Pauline erreicht, ihr bei Erschaftsangelegenheiten zur Seite zu stehen, reist Isabell natürlich unverzüglich an. Paulines jüngster Bruder Oskar, der in den USA lebte, ist verstorben. Auch wenn Pauline keinen Kontakt zum Bruder hatte, so trifft sie sein Tod doch sehr. Damit hat sie nur noch Enkelin Isabell als letzte lebende Verwandete, denn ihr Mann und ihre Tochter sind bereits verstorben. Pauline bittet Isabell, das Erbe anzutreten. Sie selbst hat nicht mehr die Kraft dafür. Doch so einfach ist das natürlich nicht, zumal sich das Erbe als unwahrscheinlich groß entpuppt. Es besteht aus einer großen, sehr alten Villa in Köln mit Nebengebäuden. Dies war Paulines Geburtshaus. Sie ist erstaunt, daß diese Villa noch existiert, sie hatte damit gerechnet, daß sie durch die Bombenangriffe im 2. Weltkriegs zerstört worden wäre. Hier hatte damals ihr Vater eine Brauerei betrieben und war wohl früh verstorben. Die genauen Umstände kennt Pauline gar nicht. Auch von den älteren Geschwistern und ihrer ebenfalls früh verstorbenen Mutter kann Pauline auf Isabells Nachfragen nicht viel berichten. Isabell ist mehr und mehr irritiert, denn ihre Großmutter wirkt verschlossen, so als ob sie nicht gerne an die Vergangenheit erinnert werden würde. Sie wirkt auch nicht so, als ob ihre Kindheit glücklich gewesen wäre.

Isabells Neugier ist geweckt, erst recht beim Anblick der Villa, die irgendwie eine Faszination ausstrahlt, wenn sie auch durch die Jahre des Unbewohntseins sehr heruntergekommen ist. Doch beim Herumgehen in den Räumen, in denen einst Isalbells Vorfahren gelebt haben, verspürt Isabell eine seltsame Anspannung, die sie berüht, denn die alte Villa, birgt lang gehütete Geheimnisse, die vielleicht endlich ans Tageslicht dringen sollen. Erst recht, als Isabell zwei alte Tagbücher in der Villa findet. Auch die Anwesenheit von Julius Grotheus, dem Notar, der sich um die Erschaftsangelenheiten kümmert, bringt Isabells Gefühlswelt in Unruhe und beide ahnen noch nicht, wie die Vergangenheit der Villa und ihrere einstigen Bewohner sei beide betrifft.

Dieser Roman hat mir ausnehmend gut gefallen. Der Erzählstil ist einfach wunderbar und fesselt von der ersten Seite an, wobei natürlich die zwei verschiedenen Erzählebenen, einmal die Gegenwart um 2014 und dann wieder die Vergangenheit, die Mitte der 1920er Jahre startet, das Geschehen äußerst lebendig gestalten. Die Figuren des Romans sind sehr lebendig und facettenreich gestaltet und ihre Gefühle und ihr Handlen werden gekonnt beschrieben. In beide Zeitebenen kann man sich sehr gut hineinversetzen und auch die Verwebung von tatsächlichen Geschehnissen wie Besatzung nach dem ersten Weltkrieg oder die schlimmen Bombenangriffe im 2. Weltkrieg in Köln werden geschickt und authentisch in die Handlung miteingewoben. Auch Lokalkolorit rund um Köln kommt nicht zu kurz und die örtlichen Begebenheiten werden sehr schön beschrieben. Der spannendeste Aspekt ist natürlich die Famliengeschichte der Protagonisten, die einfach sehr geschickt und stetig an Spannung zunehmend aufgebaut wird und bei der der Leser nach und nach die volle dramatische Wahrheit erfährt. Ein Roman, der mehr als fesselt und den ich unheimlich gerne gelesen habe, daher von mir vollste Leseempfehlung.