Rezension

Sehr verstörend - aber teilweise auch unrealistisch

Nichts - Janne Teller

Nichts
von Janne Teller

Zum Inhalt: Pierre Anthon, Schüler der Klasse 7a, verkündet von einem Tag auf den anderen, er habe erkannt, dass Nichts im Leben eine Bedeutung hat. Absolut gar nichts. Von daher mache es auch keinen Sinn, irgendetwas zu tun. Fortan geht Pierre Anthon nicht mehr zur Schule. Seine Klassenkameraden sind mehr und mehr verstört von dem, was Pierre Anthon ihnen regelmäßig auf dem Weg zur Schule hinterher ruft. Alles soll bedeutungslos sein – das Lernen, die Freundschaft, das Leben, so wie sie es kennen und der Plan, etwas aus sich zu machen? Das darf nicht sein, beschließt die Klasse schließlich. Sie wollen sich selbst und Pierre Anthon beweisen, dass es sehr wohl Bedeutung im Leben eines jeden von ihnen gibt. Und so fangen sie an, Dinge, die ihnen viel bedeuten, auf einem großen „Berg der Bedeutung“ anzuhäufen. Doch sie ahnen nicht, welche Opfer sie bringen werden, um die Bedeutung der erbrachten Opfer mehr und mehr zu steigern...

Eigene Meinung: Die Zeit bezeichnet Janne Tellers Jugenbuch als „Ein brutales und mutiges Buch“, in Dänemark war es nach dem Erscheinen aufgrund seiner nihilistischen Aussagen zunächst verboten und noch heute weigern sich viele Lehrer, es im Rahmen des Schulunterrichtes zu besprechen. Brutal – ja, das ist es. Mehr als die nihilistischen Aussagen hat mich beim Lesen aber die Dynamik erschrocken, welche sich der Gruppe der Schüler bemächtigt, wie sie in einen Sog der Ereignisse geraten, in dem sich moralische Grundsätze verschieben und Tabus nicht mehr zu gelten scheinen. Es geht um die Frage, wie weit man gehen darf, um die eigenen Wertvorstellungen und die Grundpfeiler der eigenen Überzeugung zu bewahren. Es geht um Gruppendynamiken, um Anführer und Mitläufer.

Die geschilderte Geschichte ist in meinen Augen in vielen Aspekten nicht unbedingt realistisch, was allerdings auch der Tatsache geschuldet ist, dass das komplette Entgleisen der Geschehnisse in knappe 140 Seiten gepresst ist. Doch soll das Buch eine Parabel sein, und als solche strebt es nicht unbedingt Realismus an, sondern versinnbildlicht in beeindruckender Art und Weise wie schmal der Grat ist, für die eigenen Werte die seelische und schließlich auch körperliche Unversehrheit anderer Menschen zu opfern.