Rezension

Spannender zweiter Teil

Akademie der Gebrannten (Die Phoenicrus-Trilogie 2) - Mirjam H. Hüberli

Akademie der Gebrannten (Die Phoenicrus-Trilogie 2)
von Mirjam H. Hüberli

Bewertet mit 5 Sternen

„...Wie unruhige Finger ...klopfen die Regentropfen an die Scheibe und hinterlassen ihre gläsernen Klänge...“

 

Yosephine, meist Yosi genannt, ist Sequiumsstudentin in der Akademie der Gebrannten. Nun beginnt ein neuer Abschnitt, denn sie bekommt Einzelunterricht bei Phasmo, ihrem Mentor. Dort soll sie lernen, ihre Gabe zu beherrschen. Sie hat die Gabe, Feuer entflammen, aber auch löschen zu können. Hinzu kommt, dass ihr zwar der Rauch des Feuers schaden kann, nicht aber die Flammen.

Es handelt sich um den zweiten Teil der Phoenicrus-Trilogie. Während im ersten Teil Yosis Schwester Zara im Mittelpunkt stand, erfahre ich als Leser nun mehr über Yosis Leben in der Akademie.

Das Buch ist spannend und abwechslungsreich geschrieben und hat mich schnell gefesselt. Dabei unterscheiden sich die Lebensverhältnisse in der Akademie auf den ersten Blick gar nicht so sehr von denen im normalen Leben. Yosi ist mit Livia und Aaron befreundet. Sie schwärmt von Milo, der sie in die Akademie gebracht hat. Der Gegenpart für den gängigen Zickenkrieg ist auch vorhanden, hier in der Gestalt von Ophelia und ihren beiden Freundinnen, wobei ich mir unter Freundschaft etwas anderes vorstelle. Allerdings gibt es für die Gebrannten keinerlei Möglichkeit, die Akademie zu verlassen. Außerdem wurde ihnen ihre Erinnerung genommen, die sie erst nach Abschluss der Ausbildung zurückerhalten.

Der Schreibstil ist für ein Jugendbuch sehr anspruchsvoll. Das gilt auch für die betrachteten Themen. Die Frage nach der Grenze zwischen Gut und Böse ist nur eine. Mit Eintritt in die Akademie werden die Gaben über Blutuntersuchungen festgestellt. Doch welche weiteren Ziele haben diese Untersuchungen? Was geschieht mit dem Blut? In den Dialogen mit den Lehrkräften werden die Fragen auf den Punkt gebracht. Die Antworten allerdings verschleiern mehr als sie auflösen. Deutlich wird herausgearbeitet, dass es völlig unterschiedliche Ausprägungen der Gaben gibt. Dann wieder gibt es Stellen, wo ein fast romantischer Schriftstil vorherrscht. Obiges Zitat ist dafür ein Beispiel. Genaue Beschreibung von Orten und Situationen gehören dazu. Der Saal der Erinnerung wird so plastisch dargestellt, dass ich ihn in seiner Schönheit und Farbenpracht vor Augen hatte. Mit passenden Metaphern und Adjektive versteht die autorin umzugehen. Es sind manch sprachliche Feinheiten, die den Spannungsbogen hochhalten. Belauschte Gespräche und unerwartete Beobachtungen sind unter anderen die Mittel der Wahl. Behutsam werden die ersten zarten Liebesbeziehungen entwickelt. Dabei scheint genau das nicht ungefährlich zu sein. Auch sonst werden die Emotionen gekonnt durch Wort und Tat widergespiegelt. Besonders Yosis innere Kämpfe zwischen Gefühl und Verstand gehören zu den Höhepunkten der sprachlichen Gestaltung. Ab und an blitzt dabei ihr feiner Humor auf. Auch ihr Verhalten gegenüber Ophelia ist für Überraschungen gut. Geschickt werden einige wenige Sätze eingefügt, die den Bogen zu Band I schlagen. Manche der damaligen Protagonisten sehe ich nun unter völlig neuem Blickwinkel.

Vieles, was geschieht, wird mit Blick auf das Jahr 1749 begründet. Nun gibt es wieder einen Verräter in der akademie. Fast jeder der Lehrkräfte kommt meiner Meinung nach dafür infrage, aus völlig unterschiedlichen Beweggründen. Ob der Begriff „Verräter“ in dem Fall allerdings positiv oder negativ besetzt ist, darüber bin ich mir nicht schlüssig. Es ist eine der vielen Fragen, mit denen mich die Autorin aus Teil II entlässt.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Blick in eine abgeschirmte Welt trifft auf altbekannte Probleme. Auch die sogenannte Elite ist vor Neid, Missgunst, Eifersucht, ungesunden Ehrgeiz, Lüge, Heuchelei und Verleumdung nicht gefeit. Selbst im Lehrkörper grassieren Feindschaft und Rachegedanken.