Rezension

Starker Themenkomplex

Morgen lieb ich dich für immer - Jennifer L. Armentrout

Morgen lieb ich dich für immer
von Jennifer L. Armentrout

Bewertet mit 4 Sternen

Jennifer L Armentrout hat über die letzten Jahre bewiesen, dass sie in sehr unterschiedlichen Genres auf hohem Niveau abliefern kann. Mit „Morgen lieb‘ ich dich für immer“ ist nun ihr erster Buch für junge Erwachsene auf den Markt gekommen, das ohne Fantasy-Elemente auskommt. Doch auch in diesem Genre weiß die Autorin zu überzeugen und das sind die Gründe:

„Morgen lieb‘ ich dich für immer“ bleibt mir vor allem für seine starken und tiefgründigen Themen im Kopf. Neben Kindesmissbrauch geht es auch um posttraumatische Belastungsstörung und Bandenkriminalität in armen Gegenden von Baltimore. Rund um so ein schwergewichtiges Themenkomplex braucht man natürlich eine starke Persönlichkeit. Mallory ist das eigentlich zunächst gar nicht. Ihr fällt es schwer zu sprechen, da sie über Jahre hinweg konditioniert wurde zu schweigen. Dieser Makel wurde wirklich eindrucksvoll und authentisch dargestellt. Natürlich gab es einige Stellen im Buch, in denen es mich regelrecht juckte, Mallory zu schütteln, damit sie endlich die passenden Worte findet, aber das hätte eben nicht ihrer Figur entsprochen. Aber da so eine Geschichte ja eine starke Person braucht, wird Mallory eben genau zu dem. Es ist anrührend zu erleben, wie sie nach und nach ihre Dämonen hinter sich lässt, wie sie sich selbst entdeckt und dann zu dieser Person auch steht. Diese Charakterentwicklung ist wirklich das Herzstück dieses Jugendbuchs. Natürlich kann man diskutieren, ob so eine rasante Entwicklung wirklich nur innerhalb von maximal zwei Monaten stattfinden kann, aber das trübt für mich persönlich nicht die Leseerfahrung.

Natürlich wird auch eine Liebesgeschichte geboten. Eigentlich eine, die mich bereits vom Klappentext sofort abgeholt und wo ich dachte, da bin ich von der ersten Seite verliebt. War nicht ganz so. So wirklich kann ich es mir auch gar nicht erklären, warum ich mit der Figur Rider recht lange meine Schwierigkeiten hatte. In der Vergangenheit als Beschützer von Mallory hat er mir großartig gefallen, aber irgendwie ließ sich dieser anbetungswürdige Junge in dem jugendlichen Rider nicht widerentdecken. Vielleicht hätte hier die männliche Perspektive geholfen, um Rider besser zu verstehen. Aber nach und nach werden tolle Szenen geboten, die die Liebesgeschichte charmant und einfühlsam vorantreiben. In genau diesen Szenen gewinnt dann auch Rider an Profil und es ist schön, dass er im Endeffekt am Ende den Fokus der Geschichte einnimmt, so dass dann endgültig jeder von dieser Figur überzeugt sein dürfte.

Neben diesen stark verarbeiteten Themen wurden auch sehr viele tolle Nebenfiguren geboten. Sowohl Erwachsenenfiguren, als auch Freunde von Ridge und Mallory. Ein starkes Figurenrepertoire, in dem jeder sein Päckchen zu tragen hat, es keinen eindeutigen Antagonisten gibt, weil eben jede Figur seine dunkle Seite hat. Das war auch eine schöne Botschaft nebenbei. Bei der Figur Ainsley ist mir dann aber noch ein Thema negativ aufgestoßen. Ainsley bekommt eine Augenkrankheit angedichtet, von der ich weiß, dass die Autorin selbst darunter leidet. Ich kann verstehen, dass die Autorin ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse in ihre Geschichten einfließen lässt, aber hier wirkte es deplatziert. Wäre es ein zentrales Thema gewesen, sehr gerne, aber so führte diese Nebengeschichte nirgendwo konkret hin, schade.

Fazit: „Morgen lieb‘ ich dich für immer“ überzeugt durch sehr intensive Themen, die einige tolle sehr philosophische Stellen enthält, eine grandiose Protagonistin, die man beim charakterlichen Wachsen stolz beobachten kann und viele liebenswerte Nebenfiguren. Kleiner Wehmutstropfen ist, dass Rider recht lange blass bleibt, so kommt die süße Liebesgeschichte erst in der zweiten Hälfte so richtig in Fahrt. Aber von meiner Warte aus kann Armentrout sich in diesem Genre gerne weiterbetätigen!