Rezension

Superspannende Spurensuche in der Vergangenheit

Die Bibliothek im Nebel -

Die Bibliothek im Nebel
von Kai Meyer

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein Buch, so spannend, so interessant und so grausam, dass man hin- und hergerissen ist zwischen Faszination und Abscheu.

1917: Nachdem seine Familie in den Unruhen der russischen Revolution ermordet worden ist, flieht der junge Artur aus St. Petersburg nach Leipzig. Er hofft zudem, dort seine große Liebe wieder zu treffen.

1928: Die elfjährige Liette findet auf dem Dachboden des Hotels Trois Grâces an der Côte d´Azur ein verschlossenes Buch, welches aus den Hinterlassenschaften früherer Gäste stammt.

1957: Liette, inzwischen Besitzerin des Hotels Trois Grâces nimmt Kontakt zu dem Journalisten Thomas Jensen auf, um mit seiner Hilfe Mara zu finden.

Kai Meyer verstrickt gekonnt drei Zeitebenen durch Handlungsstränge, die, jeder für sich, unglaublich packend sind. Anfangs rätselt man über die Zusammenhänge, die sich später nach und nach erschließen.

Er ist in vielen Genres zu Hause und hat entsprechend Elemente mehrerer Richtungen eingebaut. Vor einem sehr lebendig dargestellten historischen Hintergrund geht es um wilde Verfolgungsjagden, politische und persönliche Intrigen, Familiengeschichten, Mord und nochmals Mord. Etwas Romantik ist eingestreut. Vor allem aber sorgen die mystische Elemente, obgleich sie teilweise natürliche Erklärungen finden, für die gruselige, unheimliche Grundstimmung, die sich durch das ganze Buch zieht.

Die Charaktere sind zum großen Teil undurchschaubar, geheimnisvoll. Lediglich Artur, dessen Tagebuch eingearbeitet ist, und die kleine Liette lassen Identifikation und uneingeschränkte Sympathie zu. 

Bibliotheken und Bücher spielen eine übergeordnete Rolle, wie man es bereits aus dem Vorgängerband „Die Bücher, der Junge und die Nacht“ kennt. (Übrigens lassen sich die beiden Bände ohne Probleme unabhängig voneinander lesen.) Doch auch diese angenehme Verknüpfung kann nicht verhindern, dass sich das Ausmaß brutaler Gewalt und hässlicher Grausamkeiten negativ auf den Lesegenuss auswirkt. Die Geschichte ist ohne Zweifel hochspannend und lässt den Leser nur so durch die Seiten fliegen, fesselt in vielerlei Hinsicht bis zum Ende. Doch sensible Gemüter werden beim Lesen öfter mal einen Blick über die Schulter werfen, um sich zu vergewissern, dass ihr Umfeld sicher und frei von sämtlichen Arten von Schatten und Gefahren ist.