Rezension

Unterhaltsame Geschichte

#London Whisper – Als Zofe ist man selten online -

#London Whisper – Als Zofe ist man selten online
von Aniela Ley

Inhalt:

Voller Selbstvertrauen und Elan startet Zoe ihr Auslandsschuljahr im Internat Dunwick House in London. Gemeinsam mit ihren Freundinnen hat sie sich ein besonderes Event überlegt. Einmal in der Woche organisieren sie gemeinsam den Mitternachtsclub, eine Feier.

Die aktuellste Mottoparty läuft unter den Namen „Nacht im Mondschein“. Die Freundinnen haben sich hierfür mächtig ins Zeug gelegt.

Im Verlaufe des Festes wird Zoe von ihrer Freundin auf den Dachboden des Hauses geführt. Dort hat diese einen auffallend schönen Spiegel entdeckt. Noch während die Mädchen diesen bewundern, fällt das Mondlicht auf dessen Fläche. Bevor Zoe begreift, was passiert, befindet sie sich auch schon (ohne ihre Freundin) mitten in einem völlig anderen Gemäuer.

Zoe wähnt sich in einem Traum. Denn sie befindet sich, das stellt sich bald heraus, im London des Jahres 1816. Sie steht im Dienste einer der renommiertesten Familien Englands, der Familie Arlington. Dort soll sie als Zofe für Erziehung und Ausbildung der Tochter, Miss Lucie, sorgen.

Miss Lucie, das wird bald klar, ist unglaublich schüchtern. Sie möchte ihr Zimmer nicht verlassen. Einzig ihr frecher Spitz, namens Prickelton, darf in ihrer Nähe verweilen. Zoe passt sich schnell der neuen Umgebung an. Miss Lucie in die feine Gesellschaft einzuführen, dürfte für jemanden, der in der Gegenwart einen erfolgreichen Instagramkanal betreibt, doch kein Problem sein.

Bald schon hat Traudelwald (ehemals Zoe) das Leben der Familie Arlington ordentlich aufgemischt.
Instagram-Substitut in der Damenwelt des 19. Jahrhunderts ist ein Kettenbrief mit wertvollen Tipps für den Alltag. Auch sollte eine Lady nicht in ihrem Zimmer versauern sondern Bälle besuchen und sich von wohlhabenden Herren den Hof machen lassen. Wäre doch gelacht, wenn man der schüchternen Lucie nicht irgendwie zu mehr Selbstvertrauen und Spaß im Leben verhelfen könnte!

 

Meinung:

„#London Whisper – Also Zofe ist man selten online“ erinnerte mich ein wenig an die erfolgreiche Serie Bridgerton. Auch hier geht es um die feine Gesellschaft, um schöne Kleider, um Bälle und um das Finden der großen Liebe.

Mit Zoe hat die Autorin eine Protagonistin geschaffen, die keinesfalls auf den Mund gefallen ist. Schon in der Gegenwart zeigt sich die 16-jährige lebhaft, voller Tatendrang und unerschrocken. Sie nimmt sich nicht zurück, ist ungefiltert und sehr direkt. Uneitel und ohne jede Attitüde präsentiert sie sich auch im Jahr 1816.

Kein Wunder also, dass Zoe weiterhin spricht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. So rutschen der jungen Zofe auch Sätze wie, „finde ich auch smart“ und „ich bin eher der Action-Typ“, heraus. Statt sich jedoch auf die Zunge zu beißen oder darüber nachzudenken, ob sie mit solchen Aussagen vielleicht aus der Rolle fallen könnte, übergeht Zoe solche „Ausrutscher“. Ob das im England des 19. Jahrhunderts mit all seiner Selbstgerechtigkeit, die gesellschaftlichem Wandel, Freizügigkeit und die Emanzipation der Frau ablehnte, so denkbar war, kann bezweifelt werden.

Als Zofe eines guten Hauses nimmt sich Zoe einiges heraus. Gelegentlich wird sie zwar darauf hingewiesen, wo ihr Rang in der Gesellschaft ist, jedoch lässt sie sich nicht allzu lange davon abhalten und gibt dem Affen schnell wieder Zucker.

Zoe gelingt es bald mit ihrer Idee – dem Whisper-Wispher-Brief – eine Adaption von Socialmedia in die viktorianische Gesellschaft einzuführen. Hierin verbreitet sie Ratschläge und spricht Tabuthemen der höheren Gesellschaft an. Der Brief geht schnell “viral“ und wird unter der Hand weitergereicht. Zoe ist begeistert von ihrem neuen Leben.

Im späteren Verlauf erfährt die Geschichte eine Wendung, als Zoe beginnt, sich den Geschehnissen in reflektierter Weise zu stellen. Sie wird gezwungen über die Zukunft und ihr Leben im 19. Jahrhundert nachzudenken. Mit dem Auftauchen eines jungen Lords bekommt die junge Zofe zudem erfrischenden Gegenwind.

 

Fazit:

„#London Whisper – Als Zofe ist man selten online“ spielt in dem bunten Wohlfühl-Universum, in dem auch die amerikanische Fernsehserie Bridgerton angesiedelt ist. Auf der Suche nach dem Authentischen, Logischen wird man hier eher weniger fündig. Das Buch lädt aber zur kurzweiligen, amüsanten Zeitreise ein.

Die Geschichte dreht sich im Wesentlichen um schöne Kleider, Klatsch und Tratsch, die Ballsaison und die Suche nach der großen Liebe. Hinzu kommt eine Prise Fantasy, Mystik, Freundschaft, die keine Klassenunterschiede kennt, und natürlich Romantik.

Wer Spaß an Serien wie „Bridgerton“ hat, wer schon immer mal eine Reise ins 19. Jahrhundert machen wollte, der wird mit diesem Buch gewiss einige sehr unterhaltsame Lesestunden verbringen können.