Rezension

Vielleicht bedarf es künstlicher Intelligenz, um es zu mögen...

Ich bin der Zorn
von Ethan Cross

Bewertet mit 2 Sternen

In einer hochmodernen Strafvollzugsanstalt, ausgerüstet mit den neuesten Technologien, ereignet sich ein unfassbar blutiger Amoklauf. Ein Gefängniswärter schießt auf eine Reihe von Menschen, ohne dass man ein Muster festmachen könnte. Wie der ermittelnde Marcus Williams mit seinem Team herausfindet, wurde der Amokläufer von jemandem erpresst. Unter dem Kryptonym "Judas" heckt der psychopathischer Killer einen Plan aus, der nicht nur ein paar Morde beinhalten soll. Die Liste der Opfer wird immer länger und die Gefahren größer.

Um dem Judaskiller das Handwerk legen zu können, holt sich Marcus Williams Hilfe bei seinem Bruder, dem berühmt-berüchtigten Serienmörder Francis Ackerman jr., der von seinem Vater, einem erfolgreichen Psychologen, zu einem gefühlskalten Verbrecher getrimmt wurde. Undercover ermittelt er unter dem Namen Frank Alexei im Gefängnis, während Marcus und sein Team außerhalb der Gefängnismauern den Täter zu überführen versuchen...

Bei "Ich bin der Zorn" handelt es sich um den vierten Band der Shepherd-Reihe von Ethan Cross; dieses war allerdings mein erstes Buch aus der Reihe.
Zunächst möchte ich auf das hochmoderne super-sichere durch künstliche Intelligenz gesteuerte Hochsicherheitsgefängnis eingehen, da dieses als Handlungsort das gesamte Buch über äußerst präsent ist. Da derart viele technologische Neuheiten in dem Buch erwähnt werden, wurde ich dieser Ausführungen bald müde. Nicht nur Gift-USB-Stick-Kapseln, sondern vor allem das System des Gefängnisses: "Die Bewohner tragen manipulationsgeschützte Arm- und Fußmanschetten, die genug Strom in einen Körper jagen können, um auch den aufmüpfigsten Bewohner kampfunfähig zu machen." (S.92). Dabei analysiert die Software Milliarden Datenpunkte und Zustände und verrät daher bereits im Voraus, ob sich ein Bewohner kurz davor befindet, eine ernsthafte Regelverletzung zu begehen. Wenn diese schwerwiegend genug wäre, ergreift das System selbstständig Maßnahmen. Ansonsten wird ein Alarm ausgelöst, der Sicherheitsexperten zum Entscheiden und Handeln zwingt. Ich bin überhaupt kein Freund solcher Beschreibungen - mich haben diese Ausführungen nach kurzer Zeit sehr genervt... Die Betreiber sind von dem System noch immer überzeugt, als ganz offensichtlich wird, dass es so manipulationsgeschützt doch nicht ist...
Auch mit den Figuren hatte ich größtenteils Schwierigkeiten... Zum Teil kann dies selbstverständlich daran liegen, dass ich die vorangegangenen Bände nicht gelesen habe. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass ich vielen Figuren nicht allzuviel hätte abgewinnen können, wenn ich sie schon besser gekannt hätte. Zum Einen wären da die Hauptcharaktere: Markus miemt den weltbesten Ermittler und so sind die Darstellungen der Figuren allgemein sehr stereotyp. Die hochintelligenten, kampferprobten Ermittler, die im Liegen Angreifern in den Nacken treten können - dieser Beweglichkeit gebührt mein Respekt - und die mit ihren Muskeln spielen wann immer sie können, fanden meine Sympathie nicht so ganz. Häufig hatte ich Probleme damit, Handlungen und Entscheidungen nachzuvollziehen, da sie mir gänzlich irrational erschienen.
Einziger "Lichtblick" war in meinen Augen dann Ackerman, der als Superkrimineller eine andere Herangehensweise hat als Markus. Aber selbstverständlich ist auch er - trotz sarkastischer Bemerkungen - kein wirklicher Sympathieträger. Auch bei der Gestaltung seiner Figur wurde extrem übertrieben, kein Charakter wirkt auch nur annähernd real. Dennoch habe ich Szenen, in welchen Ackerman zu Wort kommt, immer entgegengefiebert; immerhin waren sie noch am angenehmsten und hatten zumindest Unterhaltungswert.
Zum Anderen sind da aber auch noch die Nebencharaktere, die fast ausnahmslos als "hühnenhaft" beschrieben werden. Mich hat das sehr angenervt und ich habe mich gefragt, wie viele hühnenhafte denn bitte in Amerika umherwandern sollen...
Der Schreibstil ist sehr locker gehalten, sodass man soweit ganz flüssig lesen kann. Allerdings stolperte ich hin und wieder über Formuliereungen, die diesen Lesefluss hemmten, meist sorgte aber der Inhalt für Stocken und Augenrollen meinerseits.
Eine interessante Idee ist meines Erachtens das Einbinden einiger Tagebucheinträge des Judaskillers, die nach und nach ein Gefühl dafür vermitteln, wie Judas zu dem geworden ist, was er ist.

Alles in allem ist "Ich bin der Zorn" ein Buch, welches mich unter anderem aufgrund der vielen verwirrenden Charaktere, der unrealistischen Handlungen und Figuren sowie der vielen hochentwickelten Technologien eher genervt als gefesselt hat. Für Leser, welche die Shepherd-Reihe bereits von Anfang an verfolgen, mag dieser Band vielleicht mehr Lesevergnügen bereithalten; ich allerdings wurde enttäuscht.