Rezension

3,5 Sterne: Gute Grundidee und wichtige Themen, aber sehr anstrengender Schreibstil…

Death. Life. Repeat. -

Death. Life. Repeat.
von Louise Finch

~ „Death. Life. Repeat.” ist ein Jugendbuch, das zwar wichtige Themen anspricht (wofür ich dankbar bin!), aber insgesamt hinter meinen Erwartungen zurückblieb (Schreibstil, Tempo, Figurenzeichnung). Für mich ist es eine Geschichte, die man durchaus lesen kann (Jugendliche/Leute mit wenig Bewusstsein für s_xualisierte Gewalt können hier eigentlich nur profitieren!), aber nicht gelesen haben muss. Mein Tipp: Schaut euch vorher unbedingt die Leseprobe an und entscheidet dann! ~

Inhalt

Der Abend beginnt mit einer Party und endet mit einer Toten. Geschockt muss die Schüler Spence am nächsten Morgen feststellen, dass sich der gestrige Tag wiederholt. Er versucht, die Tragödie zu verhindern und muss dich dabei nicht nur mit seinem eigenen S_xismus und seiner Trauer auseinandersetzen, sondern auch mit dem seiner toxischen Freunde. Nur toxisch – oder auch gefährlich? Kann es sein, dass Clara Hart den S_x mit seinem besten Kumpel Anthony gar nicht wollte? Dass sie vergew_ltigt wurde? Dass sie deshalb absichtlich vor das Auto gelaufen und gestorben ist?

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Einzelband
Erzählweise: Ich-Erzählweise, Präsens
Perspektive: männliche Perspektive
Kapitellänge: mittel

Inhaltswarnung: (s_xualisierte) Gewalt gegen Frauen (bis Vergew_ltigung), Blut, Trauer, Verlust, S_xismus, Diskriminierung, Homofeindlichkeit, Alkoholmissbrauch, Medikamentenmissbrauch, Tod, Übergeben, Rape Culture
Bechdel-Test (zwei Frauen mit Namen sprechen miteinander über etwas anderes als einen Mann): bestanden!
Frauenfeindliche / gegenderte Beleidigungen: Schla+++, H+rensohn, B+tch

Diese Geschichte solltest du lesen, wenn dir folgende Themen/Dinge in Büchern gut gefallen:

- Zeitschleifen-Geschichten (= viele Wiederholungen)
- s_xualisierte Gewalt gegen Frauen, Rape Culture und toxische Männlichkeit als zentrale Themen
- Jugendsprache
- Trauer und Verlust
- Weiterentwicklung des Protagonisten im Fokus (Entwicklungsroman)
- Feminismus

Lieblingszitate

„Tief in meinem Herzen glaubte ich, der Tod wäre etwas, was nur anderen Leuten passiert.“ Seite 57

„[…] jeder, den ich kenne, läuft mit einem geheimen Ablaufdatum herum. Vielleicht fünfzig Jahre, vielleicht eine Stunde.“ Seite 57

„Ich erwarte Tod und Katastrophen vom Moment des Aufwachens an, damit es mich nie wieder so kalt erwischen kann.“ Seite 58

Meine Rezension

Als ich mir den Katalog zur Netgalley-Challenge durchsah und den Klappentext von „Death. Life. Repeat.“ entdeckte, war mir sofort klar, dass ich dieses Buch lesen musste! Immerhin bin ich (auch jobbedingt) immer auf der Suche nach guten Jugendbüchern, die sich mit s_xualisierter Gewalt gegen Frauen und Rape Culture beschäftigen. Leider blieb „Death. Life. Repeat.” am Ende jedoch hinter meinen Erwartungen zurück, weswegen es nur für 3,5 Sterne reicht.

Dennoch es hat auch einige Aspekte gegeben, die mir gut gefallen haben. Zu allererst sind hier natürlich die gute Grundidee und die wichtigen Themen (s_xualisierte Gewalt gegen Frauen, Rape Culture, toxische Männlichkeit, Trauer, Vorurteile) zu nennen, die besonders in der zweiten Hälfte mit (für die Altersgruppe) angemessener Tiefe behandelt werden. Als besonders positiv hervorzuheben ist auch die Entwicklung, die der Protagonist Spence im Laufe der Geschichte durchmacht. Aus einem unreflektierten, vage misogynen, Täter schützenden, recht unsympathischen Typen (der aufgrund seiner noch viel schlimmeren besten Freunde auf dem A-Loch-Barometer trotzdem nur Platz 3 erreicht) wird ein Feminist, der das Patriarchat mitsamt seiner Rape Culture durchschaut, und lernt, das Richtige zu tun – auch wenn der Preis hoch ist und er sich dafür beispielsweise gegen enge Vertraute wenden muss. Es war übrigens erfrischend, zu sehen, dass auch ER nicht als strahlender Held aus dieser Geschichte hevorgeht, sondern in gewisser Weise gebrochen und mit (berechtigten) Schuldgefühlen. Er muss lernen, mit den Konsequenzen seines vergangenen Verhaltens zu leben – aber das ist etwas Gutes, denn nur mit Einsicht und Bereuen ist eine Weiterentwicklung zu einem besseren Menschen (= hier: einem Ally) möglich.

Dieses Jugendbuch zeigt sehr gut, dass s_xualisierte Gewalt gegen Frauen eben NICHT mit schweren Straftaten wie Vergew_ltigung und Femizid anfängt, sondern mit scheinbaren Kleinigkeiten: s_xistischen Witzen, „Locker Room Talk“ (= der Objektifizierung und S_xualisierung von Frauen in Gesprächen unter Männern), schädlichen Geschlechterstereotypen, der Abwertung alles Weiblichen, Victim Blaming (= Täter:innen-Opfer-Umkehr), Slutshaming, anzüglichen Kommentaren, verbaler s_xueller Belästigung und damit, Opfern nicht zu glauben (auch als Frau). All diese Dinge (aber auch die schlimmen Verbrechen, meine Inhaltswarnung bitte ernst nehmen!) kommen in diesem Buch so geballt vor und werden so realitätsnah und ungeschönt beschrieben, dass ich beim Lesen stellenweise gleichzeitig unglaublich wütend und traurig wurde. Besonders Anthony war für mich die ganze Geschichte über ein rotes Tuch – bei jedem zweiten seiner Sätze hätte ich explodieren können!

„Death. Life. Repeat.“ verdeutlicht außerdem anschaulich, dass es eben NICHT REICHT, als Mann selbst „nichts Schlimmes“ zu tun – denn wegzusehen, nichts zu sagen und seine toxischen Freunde zu verteidigen und schützen ist fast genauso schlimm. Nur wenn Männer Allys werden und anfangen, übergriffiges, s_xistisches, misogynes Verhalten bzw. Denkweisen überall dort zu kritisieren, wo Frauen keinen Zugang haben (Sportvereine, Gespräche unter Männern usw.), nur DANN wird sich endlich nachhaltig etwas ändern. Frauenfeindlichkeit und Gewalt gegen Frauen beginnen nämlich immer im Kopf! Wer sein Verhalten ändern will, muss demnach zuerst seine Denkweisen verändern und ein Bewusstsein für seine eigene verinnertlichte Misogynie bekommen. Wir brauchen deshalb in den Medien (auch in Büchern) unbedingt auch eine MÄNNLICHE Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit toxischer Männlichkeit und s_xualisierter Gewalt – nicht immer nur Frauen, die auf dieses Thema aufmerksam machen! Nicht zuletzt, weil Männer/Jungs hauptsächlich zu Büchern von männlichen Autoren greifen und so leichter erreicht werden können.

Leider gab es auch ein paar Dinge, die mir an „Death. Life. Repeat.“ nicht gefallen haben. Das größte Problem war für mich der flapsige, möchtegern-coole, mit Jugendsprache gespickte Schreibstil, der auf mich nicht nur unglaubwürdig und aufgesetzt wirkte, sondern mir auch unglaublich auf die Nerven gegangen ist und die Lektüre so anstrengend machte, dass es mir nicht möglich war, mehr als 60 Seiten am Stück zu lesen. Stellenweise kam ich mir selbst vor wie in einer Zeitschleife und hatte das Gefühl, das Buch würde niemals enden… Gestört haben mich auch die großteils relativ blass bleibenden Nebenfiguren, die vielen Wiederholungen (auch bei einer Zeitschleifen-Story hätte man Unwichtiges weglassen bzw. das Ganze spannender und interessanter gestalten können) und die vor allem in der ersten Hälfte oft sehr uninteressanten und belanglosen Dialoge, die ich am liebsten übersprungen hätte.

Auch beim Pacing (= Tempo) gab es noch viel Luft nach oben: zu wenig Spannung in der ersten Hälfte, gegen Ende passiert dann zu viel in zu kurzer Zeit. Insgesamt bleibt das Gefühl zurück, dass man aus dieser Geschichte noch viel mehr hätte machen können… Ebenfalls negativ aufgefallen sind mir die vielen Fehler (Beistriche, fehlende Leerzeichen, Rechtschreibfehler), die mich stellenweise doch etwas aus dem Lesefluss gerissen haben – hier hoffe ich, dass diese schon ausgebessert wurden (immerhin habe ich das Buch vor dem Erscheinungstermin gelesen) bzw. zumindest beim E-Book schnell korrigiert werden.

Noch ein Wort zum Abschluss: Wir alle haben keine 10 Versuche, um die beste Version eines Tages zu leben, unsere Fehler auszubügeln und die beste Version von uns selbst zu werden. ABER wir alle können heute ehrlich unser (möglicherweise toxisches, möglicherweise schädliches) Verhalten und unsere (möglicherweise misogynen) Einstellungen reflektieren und es MORGEN besser machen. Wir alle können hinschauen (statt weg-), Stopp sagen, wenn in unserer Gegenwart Grenzen überschritten werden, wenn nötig unsere Freund:innen kritisieren und Opfern glauben. Und genau das wünsche ich mir von euch. Over and out, meine Lieben!

Mein Fazit

„Death. Life. Repeat.” ist ein Jugendbuch, das zwar wichtige Themen anspricht (wofür ich dankbar bin!), aber insgesamt hinter meinen Erwartungen zurückblieb (Schreibstil, Tempo, Figurenzeichnung). Für mich ist es eine Geschichte, die man durchaus lesen kann (Jugendliche/Leute mit wenig Bewusstsein für s_xualisierte Gewalt können hier eigentlich nur profitieren!), aber nicht gelesen haben muss. Mein Tipp: Schaut euch vorher unbedingt die Leseprobe an und entscheidet dann!

Bewertung

Cover / Aufmachung: 2,5 Sterne
Idee: 5 Sterne ♥
Inhalt, Themen, Botschaft: 5 Sterne ♥
Umsetzung: 3,5 Sterne
Worldbuilding: 3 Sterne
Einstieg: 2 Sterne  
Ende: 4 Sterne
Schreibstil: 1 Stern
Protagonist: 3,5 Sterne
Figuren: 3 Sterne
Spannung: 2 Sterne
Pacing/Tempo: 2 Sterne
Wendungen: 2 Sterne
Atmosphäre: 3 Sterne
Emotionale Involviertheit: 3,5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: 4,5 Sterne
Einzigartigkeit: 3 Sterne

Insgesamt:

☆★☆,5 Sterne

Dieses Buch bekommt von mir dreineinhalb Sterne!