Rezension

Rahel und das Eichhörnchen

Wir von der anderen Seite - Anika Decker

Wir von der anderen Seite
von Anika Decker

Bewertet mit 4.5 Sternen

Gerade noch steckte Rahel in den Weihnachtsvorbereitungen, da findet sie sich plötzlich im Krankenhaus wieder. Tagelang hat sie im Koma gelegen, ihr Leben steht immer noch auf Messers Schneide. Wirre Fieberträume, medikamenteninduzierte Halluzinationen von freundlich winkenden Eichhörnchen bestimmen ihre kurzen Wachphasen genauso wie die Besuche ihrer Familie.

Ich bin absolut kein Fan der geradezu inflationär auf den Buchmarkt geworfenen Ich-bin-ach-so-krank-Stories, aber Anika Deckers Roman ist einfach anders. Schonungslos ehrlich erzählt Rahel von ihren Ängsten, aber auch ganz pragmatisch von ihren Tagen im Krankenhaus. Man fühlt jederzeit mit, freut sich über den ersten gegessenen Löffel Joghurt, leidet mit beim Warten auf Ergebnisse, schämt sich bei den doch entwürdigenden Details wie Bettpfanne & Co. Die Autorin beschreibt all das sehr detailliert, gleichzeitig aber auf eine sehr flappsige, frische und humorvolle Art und Weise. Aber auch melancholische Töne kommen zum Tragen, je mehr Rahel ihre Situation versteht, desto mehr setzt sie sich auch mit ihrem alten Leben auseinander. Der Leser tut das natürlich auch, und fragt sich immer mehr, auf was es im Leben denn wirklich ankommt. Stoff zum Nachdenken, zum Lachen und Daumen drücken. Ein Roman, der wirklich mal anders ist. Ich mochte ihn sehr.