Trauer trennt und verbindet: die bewegende Geschichte einer multikulturellen Familie
Bewertet mit 4 Sternen
Karina Olander ist dreizehn Jahre alt, als eine schreckliche Tragödie, ihre Familie in den Grundfesten erschüttert. Karina, ihr Vater, der amerikanische Banker Keith, ihre Mutter, die aus Indien stammende Diplomatentochter Jaya, versuchen alle, auf ihre eigene Art mit dem Verlust umzugehen und zurück ins Leben zu finden. Doch keiner von ihnen kann alleine wirklich richtig verarbeiten, was geschah.
Die kanadische Autorin Shilpi Somaya Gowda schreibt flüssig, angenehm, klar und präzise. Sie nimmt im Wechsel die Sicht der verschiedenen Familienmitglieder ein, befasst sich allerdings am intensiven und ausführlichsten mit Karinas Situation.
Die Olanders, die Hauptfiguren in „Was uns verbindet“ sind von dem schrecklichen Ereignis schockiert, tief verletzt und zerissen. Sie alle suchen einen Ausweg aus einer zunächst ausweglosen Situation. Die Vergangenheit hat sich tief eingebrannt, ist das, was Karina, Keith und Jaya ausmacht. Während Karina mit niemandem darüber spricht, was sie bewegt und sich nach außen in Schularbeiten und später ihr Studium flüchtet, sucht Mutter Jaya Hilfe in der Spiritualität, in ihrem traditionellen Glauben, und verliert dabei ihre Tochter aus dem Blick. Vater Keith lehnt Jayas Trauerbewältigung ab, kehrt der Familie immer mehr den Rücken zu. Alle Figuren, ihre unterschiedlichen Gefühle und ihr Verhalten wurden für mich sehr nachvollziehbar, plausibel und verständlich dargestellt. Vor allem Karinas Schicksal hat mich emotional sehr berührt, mit ihr habe ich gelitten. Auch wenn es ein Unglück ist, was die drei Charaktere verbindet, schaffen sie es doch zunächst nicht, gemeinsam damit zu leben.
Nichts schmerzt so sehr, wie der Verlust eines geliebten Menschen. Shilpi Somaya Gowda schildert eindringlich, was Trauer für eine Familie bedeuten kann. „Was uns verbindet“ ist die sehr bewegende Geschichte einer Familie, die zunächst getrennt wird, aber für die es am Ende noch eine Chance gibt. Vom Prolog bis hin zum Ende eine runde, stimmige Handlung. Der Schluss hätte allerdings noch ein wenig ausführlicher, etwas differenzierter ausfallen können, wirkte etwas überhastet. Trotz der traurigen Umstände vermittelt der Roman letztendlich doch Optimismus. Auch wenn mancher Schmerz für immer bleibt, die Vergangenheit nicht zurückgelassen werden kann, kommt schließlich doch irgendwann die Zeit, in der es möglich wird, sich dem Erlebten und seinen Schuldgefühlen, zu stellen, wieder ins Leben, in die Gegenwart zurückzukehren und mit neuem Mut in die Zukunft zu blicken. Trauern ist ein langer Prozess, mit dem niemand alleingelassen werden sein sollte, dies wird hier sehr greifbar dargestellt. Authentisch, realistisch, emotional, tieftraurig und deprimierend, aber trotzdem gleichzeitig hoffnungsvoll. Echt lesenswert!