Rezension

Aktuell, authentisch und brisant

Der Tintenfischer -

Der Tintenfischer
von Wolfgang Schorlau

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Commissario, der italienische Staat und die Mafia

„Der Tintenfischer“ ist ein tolles Buch, bei dem – außer Corona – auch andere aktuelle Themen angesprochen werden. Das Flüchtlingsproblem, Zwangsprostitution, Korruption und verbrecherische Vereinigungen wie die Mafia werden ebenfalls behandelt.

Commissario Morello ist sympathisch, hat Charakter und jede Menge Mut. Er legt sich mit der sizilianischen Mafia an, hat glücklicherweise einen siebten Sinn und auch sieben Leben. Auf einem Kontrollgang durch Venedig zusammen mit seiner Kollegin Anna Klotze sehen sie einen jungen Mann - einen Flüchtling aus Nigeria - in den Canal Grande springen. Anna Klotze kann ihn vor dem Ertrinken retten. Er heißt David Ekele und seine bewegende Geschichte wird nach und nach erzählt. So erfährt der Leser, dass Davids große Liebe Oni auf Sizilien festgehalten und zur Prostitution gezwungen wird. Commissario Morello und Anna Klotze lassen sich nun auf ein selbstmörderisches Unternehmen ein und fahren nach Sizilien, um die junge Frau aus den Fängen der Mafia zu befreien. Als Leser ist man hautnah an der Seite der Beiden und übersteht mit ihnen einige beängstigende und bedrohliche Situationen. Aber auch die weiteren Charaktere sind lebendig und überhaupt nicht langweilig dargestellt. Trotz des ernsten Themas besticht die Geschichte durch eine Leichtigkeit, die mich schon von den ersten Seiten in Bann gezogen hat. Die Ausgewogenheit zwischen Wohlfühlgeschichte und Kriminalroman ist sehr gut ausbalanciert. Einige Fakten zur Mafia, genauer gesagt zur Cosa Nostra waren mir so nicht bekannt, die Informationen waren aber gut verständlich und nicht zu ausführlich.

In die Gestaltung des Buches ist viel Liebe eingeflossen. Das Cover beeindruckt mit den schlichten, gedeckten Farben und lässt Venedig genauso geheimnisvoll erscheinen wie den Mann, der allein über eine der unzähligen Brücken Venedigs geht. Man spürt die Corona bedingte Stimmung, die schwer über der menschenleeren Stadt liegt.

Es folgt ein berühmtes Zitat von Giovanni Falcone, Jurist und Symbolfigur des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität auf Sizilien. „Die Mafia ist ein menschliches Phänomen. Und wie alle menschlichen Phänomene hat es einen Anfang und wird auch ein Ende haben.“ Er wurde am 23. Mai 1992 zusammen mit seiner Frau und Leibwächtern bei einem Bomben-Attentat von der sizilianischen Mafia ermordet.

Beim Studieren der ersten Seiten findet man eine Auflistung der Figuren, was für mich sehr hilfreich war, war es doch mein erstes Zusammentreffen mit Commissario Morello. Doch auch ohne Kenntnis des Vorgängerbuches „Der freie Hund“ war der Geschichte problemlos zu folgen.

Als nächstes fiel mir auf, welchen außergewöhnlichen Platz den Seitenzahlen zugewiesen wurde. Ein besonderes Highlight sind Morellos Rezepte, genauer gesagt die Rezepte von Claudios Mama. Italienische Eigennamen und Begriffe runden den fürsorglichen Support für den Leser ab.

Von mir eine klare Leseempfehlung und fünf Sterne.