Rezension

Ausführlich recherchierte, runde Sache

Der Tintenfischer -

Der Tintenfischer
von Wolfgang Schorlau

Bewertet mit 3.5 Sternen

Womit dieser Krimi besticht, ist die Recherchearbeit, die in ihm steckt. Als Leser merkte ich deutlich wie viel Zeit und Energie die Autoren darauf verwendet haben, Fakten und Zusammenhänge zu Mafia und Migration zu recherchieren. Das hat Vorteile – aber auch Nachteile.

Womit dieser Krimi besticht, ist die Recherchearbeit, die in ihm steckt. Als Leser merkte ich deutlich wie viel Zeit und Energie die Autoren darauf verwendet haben, Fakten und Zusammenhänge zu Mafia und Migration zu recherchieren. Das hat Vorteile – aber auch Nachteile.

Ein erste Vorteil liegt auf der Hand: ich lerne Vieles zum Thema und erfahre so Neues und Spannendes zu Dingen, über die ich mir noch nie zuvor Gedanken gemacht habe. Die Autoren schaffen es mir die Zusammenhänge schnell und einfach zu erklären. Der Krimi bekommt so auch eine tiefere Ebene. Er will auf politische und gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen und nicht einfach nur einen Kriminalfall erzählen. Das gleiche Gefühl habe ich auch beim Thema Corona. Die Autoren platzieren ihre Geschichte bewusst in Mitten der Pandemie und schweigen sie nicht aus. Teilweise wird mir auf Ausgangssperren und dem Maskentragen sogar schon zu ausführlich hingewiesen. Doch es ist klar: Corona vorkommen zu lassen ist ein Statement und beweist gleichzeitig Realitätssinn. Das gilt auch für die tiefgehenden Recherchen.

Diese haben – wie ich schon erwähnte – aus meiner Sicht aber auch Nachteile. Sie rauben der Handlung nämlich an Tempo. Es dauert relativ lange bis die Geschehnisse so richtig an Fahrt aufnehmen. Daran ist neben den ausführlichen Hintergrunderläuterungen, auch der Protagonist schuld: Commissario Morello.

Sein Privatleben, seine Überlegungen, Gefühle und Erinnerungen nehmen sehr viel Platz ein. Sein Tag wird von morgens bis abends genau beschrieben. Dabei bin ich mir noch nicht einmal sicher, ob mir Morello sympathisch ist. Er ist sicherlich ein sehr integrer Mensch, der aber verbissen, etwas macho- und klischeehaft gezeichnet wird. Insgesamt sind die Figuren im Buch recht stereotyp und erinnern mich immer wieder an Donna Leon – es ist eben auch schwierig sich neben einer Autorin zu behaupten, die die Verbindung aus Krimi und Venedig derart für sich beansprucht.

Doch die Autoren machen ihre Sache ganz gut. Der Schreibstil ist mir hin und wieder zu gestellt, ebenso müssen Logik und Realismus leider ab und zu zugunsten ausführlicher Darstellung von Hintergrundinformationen zurückstecken, doch alles in allem erzählt das Buch eine runde Geschichte, die sich dramaturgisch zum Ende hin zuspitzt und einige Wendungen und Überraschungen bereithält. Zum Schluss sind alle Fragen beantwortet und gleichzeitig sorgen die Autoren mit einer offenbleibenden Entscheidung dafür, dass man sich auf einen dritten Teil der Reihe freuen kann.

Ich bin gespannt, wie dieser dann heißt. Der Titel dieses Buches ist nämlich einer der Dinge, die mir mit am besten gefallen. Er hat mich zuvor neugierig gemacht, wird dann auch inhaltlich aufgenommen und bekommt einen tieferen Sinn. Auch hier zeigen die Autoren wieder ihre Neigung zu guter Recherche und ihre Fähigkeiten Informationen zu einer runden Geschichte zu verflechten.