Rezension

Alternative Wahrheiten

Melody -

Melody
von Martin Suter

Bewertet mit 4 Sternen

Tom Elder ist mit seinen fast 31 Jahren im Besitz von nicht nur einem, sondern sogar zwei Master Abschlüssen in Jura.  Sein Vater hatte großzügig das Studium finanziert, so dass er sich nie so recht veranlasst sah ins Berufsleben zu starten. Wäre sein wohlhabender Vater nicht ums Leben gekommen, hätte sich sicher noch ein weiterer Ergänzungsstudiengang für ihn gefunden. Jetzt befindet er sich plötzlich in der Situation arbeitslos zu sein und muß sich wohl oder übel darum kümmern, sein erstes eigenes Geld zu verdienen.

Er bewirbt sich auf eine altmodische Anzeige in einer Tageszeitung, in der ein vertrauenswürdiger ,gebildeter  Mann mit juristischen Kenntnissen  zur Nachlassordnung gesucht wird. 

Tatsächlich bekommt er die gut bezahlte Stelle mit Kost und Logis und darf fortan die Gästewohnung in der Villa des Herrn Dr. Peter Stotz bewohnen. Dieser ist nicht irgendwer, sondern eine hochangesehene Persönlichkeit, einst erfolgreicher Geschäftsmann, ehemaliger Nationalrat und Milizoffizier mit Geld, Einfluss und Macht.

Tom erfährt, dass der alte Herr nicht mehr lange leben wird und sich wünscht, dass sein Nachlass so geordnet werden soll, dass das Bild , dass sich die Öffentlichkeit von ihm gemacht hat über seinen Tod hinaus bewahrt wird.

Nach mehreren intensiven Gesprächen mit Dr. Stotz erfährt Tom, dass das zentrale Thema im Leben seines Arbeitgebers seine verlorene Liebe Melody ist. Bilder von der marokkanischen Schönheit hängen überall im Haus,  und Tom‘s Chef hat offensichtlich nie aufgehört nach seiner Geliebten zu suchen, nachdem sie von einem Tag auf den anderen verschwunden ist.

Über Dr.Stotz Tod hinaus bleiben bei Tom viele Fragen ungeklärt und bei gemeinsamen Nachforschungen  mit Laura, der Nichte seines Arbeitgebers treten neue „Wahrheiten“ ans Licht und die Geschichte nimmt eine ganz neue unerwartete Wendung.

 

Fiktion oder Wahrheit, darum geht es in diesem Roman.

„Nicht die ganz Wahrheit sagen, ist nicht gelogen“.

 

„Will man sich das Leben nach dem einrichten, was man glaubt, oder will man das, was man glaubt, nach dem einrichten , wie man lebt?“.

 

Der Roman wird sehr, sehr (schweizerisch) gemächlich erzählt, enthält aber auch viele tolle Sätze, die einen innehalten lassen. Spannung gibt es so gut wie keine und der überraschende Plot Twist findet sich erst im letzten Drittel des Buches. Trotzdem wurde es mir nicht langweilig und ich konnte mich wunderbar in die Atmosphäre dieses High Society Lebens fallen lassen.

Das köstliche Essen, dass die Haushälterin Mariella zubereitet, wird ausführlich und appetitanregend beschrieben. Kellner Roberto kredenzt zu jedem Gang das passende Getränk und auch Bruno zählt nach eigenen Angaben zu einem Vertrauten des Dr. Stotz, da dieser immer gerne mit einem Schriftsteller befreundet sein wollte.

 

Mir hat mein 1. Suter gut gefallen, kein Highlight aber intelligent und unterhaltsam. Ich werde sicher gerne wieder zu seinen Büchern greifen.