Rezension

Kamingespräche

Melody -

Melody
von Martin Suter

Bewertet mit 5 Sternen

Nach seinem abgeschlossenen Studium findet Tom Elmer eine Anstellung bei Dr. Stotz, einer grauen Eminenz der Schweiz. Bei freier Kost und Logis und guter Bezahlung soll er für den sehr kranken und betagten alten Herrn den Nachlass so ordnen, dass das Ansehen des Alt-Nationalrates dabei keinen Schaden nimmt. Die Sache stellt sich jedoch schwieriger dar als gedacht. Stundenlage Gespräche am Kamin und viel Alkohol lenken Tom von seiner eigentlichen Aufgabe, dem Ordnen des Nachlasses, ab. Wiederkehrendes Gesprächsthema ist die Beziehung zu Melody, wie es scheint, die große Liebe des honorigen Herrn. Die, so erfährt Tom, ihn vor sehr langer Zeit aus unerfindlichen Gründen plötzlich verlassen hat. Nachforschungen seitens Dr. Stotz blieben wohl erfolglos. Eine mysteriöse Geschichte, die Tom gar nicht so recht glauben kann. Einziges Indiz, dass Melody nicht nur in der Fantasie des Alten tatsächlich existierte, sind Ölgemälde, die Melody als junge Frau darstellen. Hier wird der Leser animiert, an der Aufklärung teilzuhaben.

In seiner unnachahmlichen Art ist es Martin Suter gelungen, die Stimmung dieser zum Teil ermüdenden Kamingespräche zu vermitteln. Als Leser habe ich viel Mitgefühl für Tom´s Rolle als unermüdlicher Zuhörer empfunden. Ihm zu Seite gesellte sich später Laura, die Großnichte des Patriarchen. Die Bekanntschaft mit Laura sorgt dann auch für eine leicht erotische Komponente.

Im Großen und Ganzen ist es aber die Geschichte von Tom Elmer, der die Aufgabe sah, die Wahrheit zu finden, am Ende feststellen muss, dass es letztlich immer um die Frage geht, ob man sich das Leben nach dem einrichten will, was man glaubt, oder ob das was man glaubt sich nach dem richtet, wie man lebt.

Die ungeklärte Geschichte der Melody bekommt zum Schluss immer mehr Bedeutung, als Tom und Laura sich um die Auflösung des Rätsels intensiv bemühen. Allmählich steigt die Spannung.

Ich war auf jeden Fall über den Ausgang der Geschichte mehr als überrascht.  

So, wie man Martin Suter kennt, lässt er die Leser und Leserinnen am Leben der kultivierten, gut Situierten teilhaben.  

Ein gelungenes Buch, das zu lesen sich auf jeden Fall lohnt.