Rezension

Auf der Überholspur

Straight White Male
von John Niven

Bewertet mit 3.5 Sternen

In John Nivens Roman ätzt, säuft und vögelt sich der Buchautor Kennedy Marr durch die Hollywood Glitzerwelt, bis er nach einem bedauerlichen sexuellen Vorfall von Staatswegen zu einer Psychotherapie gezwungen wird. Und schlimmer noch. Kennedys verschwenderischem Lebensstil stehen alsbald nicht unerhebliche Steuerschulden gegenüber, die selbst durch laufende Drehbuchprojekte nicht aufzufangen sind.

Da geschieht das Wunder. In seiner britischen Heimat lockt ein hochdotierter Literaturpreis. Allerdings soll Kennedy, das ewige Kind, Studenten in Kreativem Schreiben unterrichten und außerdem warten in England die lästigen Verwandten und Erinnerungen, die der Feinschmecker bis dahin mit Champagner und Whiskey erfolgreich weggespült hat.

Um es kurz zu machen: mich hat das Buch schwer beeindruckt. Niven serviert die Sexeskapaden und Alkoholexzesse seines Protagonisten mit ungeheurem Wortwitz. Sein Auge ist scharf, seine Schreibe unerbittlich, voller Ironie und derber irischer Kraft. Niven kennt die Menschen, in der Welt der Superreichen und plastikverstärkten Schönen finden Moral und traute Zweisamkeit ebenso selten eine Heimat, wie im Leben der Superarmen, die dem Guinness frönen.

John Nivens Roman hat damit vieles was mir bei deutscher Gegenwartsliteratur leider oft völlig abgeht. Schroffe Ehrlichkeit, Authentizität und Humor. Unterfüttert mit einer Spur Tragik, die das Buch durchweht, versprüht der klug durchkomponierte Roman einen unschlagbaren Charme.

Mit Kennedy Marr greift John Niven ins pralle Leben, der egozentrierten Hollywoodsternchen und Geldscheffelnden Filmproduzenten, die England einfach nicht auf ihren Tennisplatz im Vorgarten verzichten können. Man spürt die Fabulierlaune des Schriftstellers, die Lust dem Geldverwöhnten Romanpersonal die Hosen runterzuziehen, um sie auf das zurückzuwerfen, was sie eigentlich sind: Verräter an der Liebe. Verlorene im Sein. Denn den Augenblick muss Kennedy stets bezwingen, er hält ihn nicht aus, darin bleibt er sich treu. Der Name des Schriftstellers wird mir im Gedächtnis bleiben!