Rezension

Der ewige Schlaf in vollendeter Schönheit/raffiniert erzählt

Engelsschlaf - Catherine Shepherd

Engelsschlaf
von Catherine Shepherd

Bewertet mit 5 Sternen

Bereits bei dem Thriller „Mooresschwärze“ war ich schon vom Prolog begeistert, also vom Anfang an. „Engelsschlaf“ beginnt ebenso gekonnt, eindringlich und emotional geschrieben. Fortwährend behielt ich beim Weiterlesen die sehr bedrohliche, beunruhigende Situation des gefesselten, gefangengehaltenen Mädchens im Hinterkopf. Bei jedem aufgefundenen Opfer fragte ich mich, was mit ihr inzwischen geschehen ist oder noch geschieht.
Der Thriller wird in zwei Handlungssträngen erzählt, in der Gegenwart und in der Vergangenheit. Der fast bis zum Schluß namenlose Täter legt junge Frauen im Park in der Nähe eines Krankenhauses ab. Jede wurde liebevoll drapiert mit Kissen und Zudecke, so als würde der Mann Abbitte leisten. Es scheint so, als würden sie schlafen. Die vermeintlichen Leichen sind aber nicht tot. Im Krankenhaus erholen sich die mit Medikamenten vollgedröhnten, jungen Frauen schnell. Allen entführten Opfern ist gemeinsam, dass ihnen Hautteile entnommen wurden. Warum nur? Zur Aufklärung selbst können sie nichts beitragen.
Die Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes um Laura Kern und Max Hartung tappen lange im Dunkeln. Viele Personen machen sich verdächtig. Trotz akribischer Spurensuche, der rote Faden läßt sich lange nicht finden. Dem Leser wird es leichter gemacht. Durch die Rückblenden ist er informierter als die Polizisten und wird in die Lage versetzt, Motive des Unbekannten für die Entführung der jungen Frauen zu erkennen. Ich entwickelte für ihn fast so etwas wie Mitgefühl.
Durch die äußerst raffinierte Erzählweise Catherine Shepherds fühlt man sich regelrecht gefangen in der geschickt strukturierten Geschichte. Für mich war die Handlung folgerichtig und plausibel. Dem wunderbaren Schreibstil folgte ich sehr gern über die 330 Seiten und 32 Kapitel, einschließlich Epilog. Für die besondere Krankheit von Jennifer und für die „schönste Mumie der Welt“ Rosalia Lombardo kann man „Google“ bemühen, um noch mehr zu erfahren. Einige interessante Anmerkungen macht die Autorin noch zu Rosalia in einem Nachwort, ebenso zum Thema Scheintod.
„Engelsschlaf“ ist für mich ein meisterhaft erzählter Thriller der Extraklasse, der ohne grausame, brutale Details auskommt. Emotionen spielen eine große Rolle, aber sie werden logisch, konsequent, nicht reißerisch oder effektheischend mit der jeweiligen Person verbunden. Mit großer Vorfreude warte ich auf eine Fortsetzung. Ich möchte gern wissen, wie es mit der liebenswerten Laura und dem smarten Kriminalkommissar Taylor Field weitergeht. Natürlich würde ich auch gern dem Partner Lauras, dem sympathischen Max, wieder begegnen.
Vielen Dank, liebe Catherine Shepherd, für einen außergewöhnlichen Lesegenuß mit einer Hochspannung, die bei mir bis zur letzten Zeile anhielt.
Sehr gerne gebe ich für diesen Thriller meine Lese- und Kaufempfehlung. Ich bewerte „Engelsschlaf“ mit fünf von fünf Sternen.