Rezension

Die Frauen von Belmonte

Belmonte - Antonia Riepp

Belmonte
von Antonia Riepp

Bewertet mit 5 Sternen

Nach dem Tod ihrer geliebten Großmutter Franca erlebt deren Enkelin, die Landschaftsgärtnerin Simona, eine Überraschung, denn sie erbt ein altes Haus im beschaulichen italienischen Dörfchen Belmonte nicht weit von Ancona. Simona, die gerade ihren Job in einer Gärtnerei verloren hat und deren Beziehung momentan nicht so verläuft, wie geplant, ist neugierig, was sie in Belmonte erwartet und macht sich auf die Reise. Dort in den Hügeln zieht sie nicht nur in das geerbte Haus it wunderschönem Garten ein und trifft auf die unbekannte Verwandte ihres italienischen Familienzweigs, sondern erhält über Sprechkassetten, die ihr von einem Unbekannten zugespielt werden, zusätzlich Einblick in Francas bewegte Vergangenheit, die auch Auswirkungen auf Simonas Leben hat…

Antonia Riepp hat mit „Belmonte“ einen wunderschönen Generationenroman vorgelegt, der nicht nur mit einer flüssigen, farbenfrohen und gefühlvollen Sprache besticht, sondern dem Leser neben einer spannenden und atmosphärisch-dichten Geschichte gleich drei interessante Frauenleben präsentiert, die einem mehr oder weniger mitten ins Herz treffen. Wechselnde Perspektiven lassen den Leser zwischen den Zeiten wandeln und dabei so unterschiedlichen Protagonistinnen kennenlernen, deren Einzelschicksale aber auch so manche nicht unwichtige Parallele in ihren Leben aufweisen. So trifft der Leser in Italien als erstes auf die Bauerntochter Teresa im Jahr 1944, wo sie während des Krieges mit ihrer Freundin Marta die Widerstandskämpfer in den Bergen mit Nahrung versorgt. Ihre unglückliche Liebe zum wohlhabenden Cesare Prisco wird sie ihr Leben lang begleiten ebenso wie ein dunkles Geheimnis, das sie mit Freundin Marta teilt. Teresas Tochter Franca führt ein ebenso bewegtes Leben wie ihre Mutter und kommt in den 50er Jahren als Gastarbeiterin nach Deutschland, wo sie eine Familie gründet, jedoch auch ein Geheimnis hütet. Schließlich trifft man in der Gegenwart auf Francas Enkelin Simona und deren schwieriger Beziehung zu ihrer Mutter Marina. Die Autorin versteht es sehr geschickt, die Lebenswege der drei Frauen miteinander zu verweben und deren Geheimnisse gleich einem Quilt Stück für Stück aufzudecken und die unterschiedlichen Verwicklungen preis zu geben. Mit farbenprächtigen Beschreibungen lädt sie den Leser ein, sich selbst ein Bild vom gastfreundlichen Belmonte zu machen, den Düften der Kräuter und Früchten nachzuspüren und die italienische Lebensfreude zu teilen.

Die wunderbar lebendigen Charaktere besitzen allesamt Persönlichkeit aufgrund ihrer glaubhaften Ecken und Kanten, in deren Kreis sich der Leser schnell wohl fühlt und das Mitleiden, Mithoffen und Mitfiebern leicht machen, während er ihre Schicksale verfolgt. Teresa ist eine Frau voller Träume, sie ist eine Kämpfernatur, die sich nicht unterkriegen lässt, auch wenn sie einige Niederschläge einstecken muss. Franca hofft auf ein besseres Leben, ihr Heimweh wird sie ihr Leben lang begleiten. Simona ist eine tatkräftige junge Frau, die an einem Scheideweg steht. Sie ist offen und direkt, mutig und entschlossen. Marta Ferri ist Teresa als Freundin bis in den Tod eng verbunden und teilt mit ihr so manches Geheimnis. Adriano, der Americano, ist ein zurückhaltender Mann, der selbst einen Schicksalsschlag zu verkraften hat und sich erst nach und nach öffnet. Tobias ist ein gradliniger Kerl, der seiner Frau die Wünsche von den Lippen abliest und ihr einiges an Freiraum lässt. Aber auch Irma, Giovanna, Federico, Marina oder Sebastian haben wichtige Rollen, mit der sie die Spannung in dieser generationsübergreifenden Geschichte steigern.

„Belmonte“ ist vom ersten Moment an eine hinreißende und fesselnde Geschichte, die den Leser mit all seinen Geheimnissen und Verwicklungen in Atem hält und das Buch nicht aus der Hand legen lässt, bis alles aufgedeckt ist. Wunderbar erzählt und ein absolutes Lesehighlight! Chapeau – besser geht es nicht!